SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Schock deine Eltern, studier Theologie." Diesen Satz habe ich an meiner neuen Arbeitsstelle gehört. Meine Aufgabe besteht darin, junge Menschen im Theologiestudium zu begleiten. „Schock deine Eltern, studier Theologie." Zuerst hab ich geschmunzelt. Doch der Satz ist mehr als ein Witz. Ein Student hat mir erzählt, dass seine Eltern ihn ziemlich entgeistert gefragt haben: „Was, Theologie studieren? Wie kommst du denn auf die Idee?" Selbst der Pfarrer vor Ort war skeptisch: So ein langes Studium und Hebräisch soll man auch noch lernen. Wenn dann noch die Freunde dazukommen wird´s echt schwierig.  Viele halten es für eine verrückte Idee, Theologie zu studieren.
Ein „uncooleres" Studium können sich viele kaum vorstellen. Es braucht eine Menge Mut, es trotzdem zu tun. Trotzdem zu sagen: Ich probiere diesen Weg einfach mal aus. Weil ich in der kirchlichen Jugendarbeit viel gelernt habe. Weil ich in meiner Pfarrgemeinde tolle Erfahrungen gemacht habe. Weil der Glaube an Gott mir viel bedeutet. Auch für mich waren das Gründe, Theologie zu studieren. Oft sind es auch prägende Menschen, die neugierig gemacht haben. Die Religionslehrerin, ein Pastoralreferent oder ein Pfarrer. Dann heißt es: Wenn die das machen, kann es so verkehrt nicht sein.
Viele beginnen das Theologiestudium auch deswegen, weil sie unzufrieden sind. Unzufrieden mit der Situation der Kirche. Sie wollen, dass die Kirche sich verändert. Eine Studentin hat mir gesagt: Ich habe erlebt, wie lebendig Kirche sein kann. Bei Jugendgottesdiensten, auf dem Zeltlager oder im Gespräch mit anderen. Diese Erfahrungen geben mir viel Kraft." Und dann hat sie noch etwas gesagt, das mir aus dem Herzen spricht: „Andere sind enttäuscht von der Kirche und treten aus. Aber ich meine: Nur wer dabei bleibt, kann die Kirche verändern."
Es braucht eine Menge Mut, heute Theologie zu studieren. Ich habe schon viele junge Leute kennen gelernt, die diesen Mut aufbringen. Sie sind nicht weltfremd, sondern strahlen Hoffnung aus. Und diese Hoffnung wollen sie weitergeben. Sie werden in Zukunft Gottesdienste mitgestalten, Kranke besuchen und ihr Wissen weitergeben. Sie werden der Kirche ein junges Gesicht geben. Wenn Ihnen solchen jungen Theologen oder Theologinnen begegnen, dann sprechen Sie sie doch mal an. Ich glaube, Sie freuen sich Rede und Antwort zu stehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14174
weiterlesen...