Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Die Deutschen werden immer reicher. Und die Schere zwischen Reich und Arm klafft immer weiter auseinander. Das zeigt der neue Armuts- und Reichtumsbericht. Die wohlhabendsten 10 % der Haushalte besitzen 53 % des Vermögens in Deutschland. Mit steigender Tendenz! Die Haushalte der unteren Hälfte der Vermögensskala, also die unteren 50 %, besitzen zusammen nur 1 % des Gesamtvermögens. Eine soziale Schieflage, die langsam gefährlich werden kann für den sozialen Frieden. 
Auch für die Reichen. Nicht nur, wenn sie Angst um ihren Besitz haben müssen. Reichsein führt nicht automatisch dazu, dass man glücklich wird. Vermögen kann das Leben angenehmer machen. Aber oft führt es dazu, dass ein Mensch sich total ändert, dass er um sich und sein Geld kreist. Dass er noch mehr haben will. Dass das Haben dann zum eigentlichen Lebensinhalt wird. Und dass das Streben nach Mehr den Blick für die Mitmenschen verstellt. Bis dahin, dass andere übervorteilt werden, ausgebeutet, betrogen. Habenwollen kann hartherzig bis kriminell machen.
Es ist keine Schande, reich zu sein. Ich kenne Vermögende, die sehr bewusst mit Ihrem Geld umgehen und sich auf vielfache Weise finanziell engagieren. Aber grundsätzlich ist Reichsein etwas Zwiespältiges. Es entwickelt oft eine Eigendynamik, die den Menschen und der Gesellschaft schadet. Das war schon zu allen Zeiten so. Auch in der Bibel gibt es viele Beispiele dafür. Jesus erzählt von dem reichen Mann, der dem armen, kranken Lazarus nicht einmal das lässt, was von seinem üppig gedeckten Tisch herunterfällt (Lk 16, 19-31). Und Jesus sagt in der Bergpredigt: "Ihr könnt nicht beidem dienen, Gott und dem Mammon" (Mt 6, 24). Wenn das Geld, das Habenwollen der eigentliche Gott ist, dem ein Mensch dient, dann ist es um sein Lebensglück geschehen. 
So weit muss es nicht kommen. Ein Grundsatz der Katholischen Soziallehre lautet: "Eigentum ist dem Gemeinwohl verpflichtet." Das heißt: Mit dem, was mir gehört, habe ich auch dem gemeinsamen Wohl zu dienen, den anderen, den Notleidenden. Das gilt für jeden, erst recht für die Reicheren. Ich wünsche mir mehr Reiche, die verantwortungsbewusst mit ihrem Vermögen umgehen, für die Solidarität und Teilen etwas Selbstverständliches ist. Davon profitieren alle, auch sie selbst.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14162
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