SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn alle Zeit, den wird er wunderbar erhalten in aller Not und Traurigkeit" ein schönes altes Kirchenlied, ich singe es gerne. Immer wenn ich mich von Gott getragen weiß und ich optimistisch in die Zukunft blicke, kommt es mir über die Lippen.

„Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr; fremd wie dein Name sind mir deine Wege." Auch ein Kirchenlied, ein modernes. Auch dieses singe ich von Zeit zu Zeit. Immer dann, wenn ich mehr Fragen an Gott habe als dass ich Antworten weiß. Dieses moderne Kirchenlied bringt zum Ausdruck, dass mir Gott oft unbekannt ist, ich ihn nicht verstehe. Ja, ich auch manchmal unsicher bin, ob es ihn überhaupt gibt.

Beide Lieder stehen im Gotteslob - im katholischen Gesangbuch. Und ich bin froh darüber, denn beide gehören zu mir und meinem Glauben. Die Zuversicht, der Optimismus, das Sich-getragen-fühlen ebenso wie der Zweifel, die Verwirrtheit und das Unsicher-sein. Die felsenfeste Aussage: „Wer Gott dem Allerhöchsten traut, der hat auf keinen Sand gebaut" ebenso wie die bohrende Frage: „Mein Los ist Tod, hast Du nicht andern Segen?"

Im Moment wird das Gotteslob überarbeitet und einige wollen dieses Lied von den leeren Händen und den Zweifeln in einem neuen Gesangbuch nicht mehr aufnehmen. Ich fände das schade, denn auch der Zweifel gehört zum Glauben. Auch der Zweifel gründet auf der tiefen Sehnsucht nach Gott. Und so endet das Lied von den leeren Händen auch mit den Sätzen: „Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt? Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen."*

* „Ich steht vor Dir mit leeren Händen, Herr;" von Huub Oosterhuis, Übertragung von Lothar Zenetti. Gotteslob Nr. 621

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14130
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