SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Manchmal sitze ich minutenlang einfach nur da und schaue den Fischen in meinem Aquarium  zu. Die einen fressen, die anderen wühlen im Sand, wieder andere kümmern sich um den Nachwuchs. Ich habe alles getan, um ihnen ihren Lebensraum schön zu gestalten: Viele Pflanzen, ausreichend Platz und genügend Futter bekommen sie auch.
Ich glaube nicht, dass die Fische wissen, dass ich das alles für sie eingerichtet hab. Und dass ich es auch war, die sie bewusst ausgesucht und in dieses Aquarium gesetzt hat. Leider interessieren sich die Fische für mich nicht so sehr wie ich mich für sie. Manchmal schwimmt einer ganz nah auf die Scheibe zu und reagiert auf mich. Dann habe ich das Gefühl, dass er mich erkennt, meine Anwesenheit spürt. Aber wenn ich ihn frage, bekomme ich keine Antwort. Der Fisch hinter seiner Glasscheibe bleibt stumm und schaut mich nur verwundert an.
Und dann fühle ich mich auf einmal sehr seltsam. Ich stelle mir vor wie es ist, in einer Welt zu leben, die jemand anders für mich gestaltet hat. Nahrung zu bekommen, ohne zu wissen von wem. Manchmal das Gefühl zu haben, dass jemand auf mich acht gibt. Dessen Anwesenheit zu spüren, aber ihn nicht zu kennen. Wer sitzt auf der anderen Seite von meinem Lebensraum? Gott? Hat er mich auch ausgesucht und in diese Welt gesetzt? Hat er diese Welt auch mit so viel Liebe eingerichtet, wie ich mein Aquarium? Sorgt er sich um mich und freut sich, dass ich lebe? In der Bibel wird die Entstehung der Welt ja so ähnlich beschrieben. Ich bin also nicht die erste, die sich diese Fragen stellt.
Ich finde diese Vorstellung sehr schön. Und ich glaube auch daran, dass Gott die Menschen bewusst in dieser Welt haben will und wir nicht nur durch Zufall hier leben. Wenn Gott alle Menschen bewusst gewollt hat, dann ist auch jedes Menschenleben gleich viel wert.  Bewusst ausgesucht zu sein, bedeutet ja gewollt und geliebt zu sein.
Vielleicht beobachtet Gott ja auch die Welt. Freut sich wenn es uns Menschen gut geht und leidet mit, wenn es uns schlecht geht. Und im Unterschied zu den Fischen haben wir die Möglichkeit über die Scheibe hinauszuschauen - durch unseren Verstand und die Liebe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14110
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