SWR2 Wort zum Tag

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Mehr noch als der Weltklimabericht hat mich die Reaktion des deutschen Umweltministers frappiert. Sigmar Gabriel erklärte: „Es kann nicht darum gehen, den Klimaschutz... zu privatisieren, in dem wir ihn auf den Einzelnen abwälzen. ... Klimaschutz können „ wir nicht durch Verbote und Appelle zum Konsumverzicht bewältigen“ (aol.news - 8.3.07)
Erst habe ich mich mächtig geärgert über diese Äußerung. Und bei mir gedacht: Der weiß, dass doch besser als ich, – im Bericht der UN-Kommission steht es detailliert, – dass die Klimaveränderungen auch mit unserem Lebensstil zu tun haben.
Doch dann dämmerte mir: „Appelle zum Konsumverzicht“, wie Gabriel sich ausdrückt, – das kann ein Politiker in diesem Land nicht ungestraft über die Lippen bringen. Schon Ludwig Erhards Rat in den sechziger Jahren, - den Gürtel enger zu schnallen - ist mit Häme abgestraft worden: „Der Dicke mit der dicken Zigarre - wie kann der so etwas raten.“
Appelle zum Verzicht sind offenbar in der Politik tabu. Dafür braucht es einen anderen Ort. Einen Ort, wo Einstellungen geprägt werden, ohne dass es um Umsatz und Zuwachs geht. Wo ein erfülltes, glückliches Leben ersonnen werden kann, ohne das Werbespots und Konsumstandards unablässig dazwischenfunken. Für mich ist die Religion so ein Ort - wo über Verzicht nachgedacht werden kann – vielleicht ohne dass es gleich moralinsauer oder ausbeuterisch daherkommt.
Durch die Bibel zieht sich wie ein roter Faden eine Vorstellung, die Glück nicht mit dem Anhäufen von materiellen Schätzen verbindet. Das Manna in der Wüste – unter Murren gesammelt – als Wegzehr zur Freiheit – gilt als wertvoller als die in Unfreiheit lockenden Fleischtöpfe Ägyptens. Die Lilien auf dem Feld sind allemal schöner als König Salomons Kleider (Matthäus 6,28f). Und die Zeit der Erfüllung sieht so aus, dass ein jeder ein Auskommen hat – von Feigenbaum und Weinstock in Frieden leben kann (Micha 4,4). Selbst Gott wird – nach dem Buch der Offenbarung - am Ende der Tage – in einer Hütte hausen (Offbarung 21,3).
Nicht alles, was man haben oder erleben kann – gilt als erstrebenwert. Am Sabbat ruht die Arbeit. Dass Weniger Mehr sein kann, dass man beim Gewinnen der Welt, sein Leben verlieren kann, dafür steht die Weisheit der Bibel. Die Frage ist niemals: Kann ich das bezahlen – dann kaufe ich es. Sondern: Was brauche ich? Ein Tischgebet - kein Appell zum Konsumverzicht – erinnert mich täglich an das, was Not tut.

„Zwei Dinge Herr sind Not, die gib in deiner Huld,
gib uns unser täglich Brot, vergib uns unsre Schuld.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1409
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