SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Kinder sind Zukunft. Kein Tag vergeht, an dem Kindergärten und Kinderkrippen nicht Thema sind. Das ist gut so. Und schön. Zeit und Herzen für die Kinder!
Und doch macht mich dieses nachdenklich: Im selben Maße nämlich wie Kinder beachtet und wertgeschätzt werden, kommen Jugendliche hauptsächlich als Problemgruppe in den Blick. Ich meine Heranwachsende zwischen 15 und 18 Jahren. Ihr Image in den Medien ist mies und wird in aller Regel mit negativen Schlagzeilen verbunden. Die tun nicht gut. Angeblich zocken sie unablässig, sitzen vor dem Computer oder trinken einen über den Durst. Meine Erfahrung ist eine andere. Jahr für Jahr erlebe ich wie neugierig, kreativ und sozial gerade Jugendliche sind. Tendenz steigend, stetig und unablässig.
Aber warum sind Kinder Kult – und Jugendliche problematisch? Hängt das womöglich ganz tief mit unserem Ideal von Kindheit zusammen? Kinder gelten als arglos. Je kleiner, je reiner. Sie tun niemandem etwas zu Leide, und wenn, dann ungewollt. Sie lügen nicht, sie betrügen nicht. Ja, sie leben nach unseren religiösen Vorstellungen im Stand paradiesischer Unschuld – weswegen sie ja auch vor dem Gesetz nicht für ihr Tun zur Verantwortung gezogen werden.
Ich freue mich deshalb besonders darüber, dass in der Bibel neben den Geburtsgeschichten von Jesus wenigstens eine Geschichte aus seiner Jugend bewahrt wird, die davon erzählt, wie Jesus ausbüchste und drei Tage lang – ohne Eltern – seinen Fragen nachgegangen ist - und das mit zwölf.

Gewiss: Jugendliche sind nicht immer einfach zu haben. Sie fragen und widersprechen – und haben einen eigenen Kopf. Aber auch dafür sind sie liebenswert – da geradezu produktiv.
Bei allen sinnvollen Anstrengungen für Krippenplätze – es kann uns doch ganz und gar nicht egal sein, wenn die Heranwachsenden keine Brücke in die Berufswelt bekommen. Es heißt immer wieder: Die gute Konjunktur schlägt sich nicht bei den Lehrstellen durch. Einem Zeitungsbericht zufolge fehlen noch immer mehr als rund 210.000 Ausbildungsplätze. Gut die Hälfte der Bewerber wartet schon über ein Jahr. Für mich ist das ein Skandal. Und es geht nicht nur um Ausbildungsplätze. Jugendliche müssen Räume haben, wo sie ohne Geld zu zahlen, etwas miteinander erleben können.
Ich mag mündige Gegenüber, die Ja und Nein sagen – und zwar mit Gründen und manchmal auch störrisch und vehement. Selten bekomme ich so ehrliche und klare Rückmeldungen. Sich da um Verstehen bemühen – ist lohnend. Vermutlich werden wir uns für junge Erwachsene erst dann ebenso intensiv wie für Kinder einsetzen, wenn wir sie in ihrer Art begrüßen und fördern – auch die Unbequemen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=1408
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