Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Steht in der Bibel.
Lieben! Das ist doch eine Zumutung. Ich kann doch nicht jeden lieben, der mir über den Weg läuft. Einige Menschen sind mir von Anfang an unsympathisch. Da geht die Tür auf und schon weiß ich: der gefällt mir nicht. Ich weiß oft gar nicht, warum.
Die Haare, der Mund, das Auftreten? Einfach unsympathisch.
Der Typ erinnert mich vielleicht an den Ex-Freund meiner Frau!
Die Frau spricht wie meine alte Lehrerin!
Der Mann sieht genauso langweilig aus wie mein Onkel Willi.
Wenn Ihnen das auch manchmal so geht: Das ist völlig in Ordnung. Wir müssen deshalb kein schlechtes Gewissen haben.
Erstens ist nicht jeder Mensch automatisch mein Nächster.
Und zweitens: Die Liebe, von der die Bibel spricht, ist nicht die romantische Liebe.
Es geht nicht um starke Gefühle und nicht um die Liebe zwischen Mann und Frau, zwischen Eltern und Kindern oder zwischen Freunden. Vielleicht sollte man besser gar nicht von Liebe sprechen, besser wäre: Solidarität oder Hilfsbereitschaft.
Wenn Ihnen irgendjemand über den Weg läuft und Hilfe braucht, dann soll es Ihnen egal sein, ob der Ihnen sympathisch ist oder nicht. Sie müssen ihn nicht lieben. Sie sollen ihm nur helfen. Das ist im Grunde alles.
Es geht nur darum, zu helfen, wo es gerade nötig ist - ohne zu fragen, ob Ihnen der Mensch gefällt, der Hilfe braucht. Lieben heißt handeln. Lieben heißt: die eigenen Pläne zurückstellen. Lieben heißt: Umwege in Kauf nehmen und Zeit und Kraft verschenken. Und damit zu rechnen, dass auch ich auf Hilfe und Unterstützung hoffen kann - auch wenn mich jemand nicht mag.
Christen brauchen sich also kein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie jemanden nicht so sympathisch finden. Das ist in Ordnung! Wir müssen nicht jeden lieben. Aber dem Nächsten helfen sollen wir, ob sympathisch oder nicht: Hauptsache helfen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14043
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