SWR2 Wort zum Tag

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Eine Wohnung zu haben - das ist ein menschliches Grundbedürfnis und auch ein Menschenrecht. Einen Platz, an dem ich fraglos sein darf, der mir vertraut ist und an dem ich sicher bin. Gerade für ältere Menschen ist solch eine vertraute Umgebung von großer Bedeutung, wenn die eigenen Kräfte nachlassen und die Angst vor dem Unbekannten wächst.
Im Brief des Apostels Paulus an seine Gemeinde in Korinth kommt dieses menschliche Grundbedürfnis zur Sprache - aber gewissermaßen unter umgekehrtem Vorzeichen. Paulus schreibt von den Mühen, die er auf sich nimmt, um möglichst vielen Menschen die Botschaft von Jesus Christus zu bringen. Deswegen ist er ständig unterwegs und hat er kein Zuhause mehr, obwohl seine Gesundheit labil ist. Paulus reibt sich auf im Einsatz für seine Gemeinden  und muss doch oft schwere menschliche Enttäuschungen einstecken. Wie konnte er das aushalten? Hatte er nicht auch das Bedürfnis, irgendwo hinzugehören und einen sicheren Ort zu haben? Paulus war von Beruf Zeltmacher, und das Zelt, das er auf seinen vielen Reisen sicher oft benutzte, wurde für ihn zu einem Bild für das menschliche Leben. Es gibt letztlich keine Sicherheit, keine sichere Wohnung, die einem für immer eine Zuflucht bieten würde. Im Gegenteil: immer wieder muss man seine Zelte abbrechen und Vertrautes verlassen, muss man sich von neuem auf den Weg machen, ohne zu wissen, wohin der einen führen wird. Selbst der eigene Leib ist nur wie ein Zelt, keine sichere Behausung. Irgendwann wird auch dieses Zelt abgebrochen. Der Mensch wird alt und hinfällig. Er muss sterben. Und doch gibt es für Paulus eine Hoffnung. Er schreibt:„Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes Haus im Himmel"(2Kor5,1) 
Paulus hat beides intensiv erlebt: das „irdische Zelt"  also seine unbehauste Existenz und die Gewissheit, bei Gott einen unverlierbaren Platz zu haben. Man könnte fast sagen, er hatte ein doppeltes Leben. Ein irdisches und zugleich ein himmlisches. Paulus fühlte sich innerlich mit Jesus Christus verbunden. Er konnte er die schwere Seite seines Lebens annehmen, weil er darin dem gekreuzigten Jesus nahe war. Aber er spürte auch die Kraft des auferstandenen Jesus in seinem Leben. Und diese Erfahrung war für ihn stärker als alle Angst. 
„Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes Haus im Himmel"(2Kor5,1)
Ich finde das ist eine tröstliche Botschaft - gerade auch wenn es schwer fällt, die menschlichen Wohnungen aufzugeben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14031
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