SWR2 Wort zum Tag

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Jeder Mensch will glücklich werden. Davon ist auch Blaise Pascal überzeugt, jener große Glaubensdenker, der vor 350 Jahren starb und dessen Gedanken brandaktuell sind. Das ersehnte Glück hat, religiös gesprochen, natürlich mit  Lebenssinn zu tun, mit dem Geheimnis, das wir Gott nennen. Wer ihn gefunden hat und sich finden ließ, wäre im Glück.  Deshalb ist heute so viel von Gotteserfahrung die Rede.  
Blaise Pascal, wissenschaftliches Universalgenie und mystisch ergriffener Christ in einem, gibt dazu einen entscheidenden Hinweis. In seinen Gedanken über die Religion heißt es: „Es ist  gefährlich für den Menschen, Gott zu kennen, ohne sein Elend zu kennen, wie sein Elend zu kennen, ohne den Erlöser zu kennen, der ihn davon zu heilen vermag. Kennt man nur eines davon, so führt das entweder zum Hochmut oder zur Verzweiflung" (Fragment 556). Pascal  empfiehlt also den schmalen Weg zwischen  zwei Straßengräben: Auf der einen Seite Resignation, ja Verzweiflung, weil das Glück nicht zu finden ist. Und im anderen Straßengraben landet, wer stets selbst seines Glückes Schmied sein will und selbstherrlich meint, auf Gott verzichten zu können. Stets   auf religiöse Erfahrung,  ja auf Gotteserfahrung aus zu sein, ohne sich selbst und seine Abgründe  kritisch wahrzunehmen, führt demnach  nur zur Schwärmerei, ja zur Schönfärberei und Lebenslüge. Wer aber schonungslos in den Spiegel des eigenen Lebens schaut, so meint Pascal, kann eigentlich erschüttert nur  blinde Kuh spielen oder ausdrücklich um Hilfe bitten.  Ohne den Glauben an Gott halte der Mensch sich selbst nicht aus. Pascal, Glaubenslehrer aus eigener Erfahrung, empfiehlt also einen Balanceakt: Unermüdliche Suche nach   der  Wahrheit, nach Gott auf der einen Seite und schonungsloser, ungeschönter Blick auf die eigene Wenigkeit. Nur so sei das Lebensglück zu finden.   Gotteserfahrung ist nicht möglich ohne Begegnung mit dem eigenen Ego. An der Schnittstelle beider taucht die Gestalt Jesu Christi auf: In ihm  nämlich wird das Ausmaß mitmenschlicher Gewalt und Sünde offenbar, denn er kriegt alle Schläge ab und schlägt nicht zurück. In ihm wird aber nicht minder Gottes Liebe und Treue offenbar. Darin also, so ist Pascal überzeugt und will überzeugen, liegt die einmalige Stärke des Christlichen: Es erlöst vom Stress, selbst Gott spielen zu müssen; es rettet aus der Verzweiflung, nur dieser Mensch zu sein. Und so macht es den Menschen groß und ermöglicht ihm sein Glück, von Gottes Gnaden.

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