SWR2 Wort zum Tag

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Eine Schatztruhe voller Juwelen und Edelsteine gilt es zu entdecken - seit 350 Jahren in der Welt und erstaunlich wenig bekannt und bestaunt. Die Kostbarkeiten stammen aus der Lebenswerkstatt eines Universalgenies namens Blaise Pascal: Erfinder der ersten Rechenmaschine, Entdecker mathematischer Gesetze, brillanter Schriftsteller und schließlich Organisator der ersten Autobuslinien in Paris. Bei seinem Tod fand man in seinen Mantel eingenäht einen Notizzettel, „Memorial" genannt. „Seit ungefähr abends 10 ½ bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht Feuer" So heißt es auf diesem Merkzettel, mit genauester Zeitangabe und folgenden Bibelzitaten. Pascal war am 23. November 1654 in Brand geraten: Offenkundig hatte der lebendige Gott  ihn in seinem Lebenszentrum berührt, hingerissen und aufgeschreckt fand er entschieden zum Glauben. Die letzten 8 Jahre arbeitet er vor allem an einem großen Werk zur Erschließung und Verteidigung der christlichen Religion für die Gebildeten unter seinen Verächtern. Unvollendet besteht es aus einer Fülle glänzender Aphorismen und geistlicher Texte; in allen ist dieser Gottesbrand spürbar, diese Glut des Ergriffenen.  Schlicht steht  „Pensées"  auf dieser Schatztruhe,  Gedanken über den christlichen Glauben und das gelingende Leben. 
Alles Unglück der Menschen , so meint Pascal Mitte des 17. Jahrhunderts, resultiert daraus, „dass sie unfähig sind, in Ruhe allein in ihrem Zimmer bleiben zu können" (Fragment 139). Wir angeblich aufgeklärten Menschen bräuchten ständig Zerstreuung und Ablenkung, um unserer Wahrheit aus dem Weg zu gehen. „Da die Menschen unfähig waren, Tod, Elend, Unwissenheit zu überwinden,  sind sie, um glücklich zu sein, übereingekommen, nicht daran zu denken" (Fragment 168). Pascal formuliert treffsicher wie beim Florett. Er will vermeiden, dass wir länger vor uns weg laufen. Lange vor dem Buchtitel „Wir amüsieren uns zu Tode" hat er analysiert, was man heute Unterhaltungsindustrie nennt: „Sorglos eilen wir in den Abgrund, nachdem wir etwas vor uns aufgebaut haben, was uns hindert, ihn zu sehen." (183) Dabei ist Pascal  absolut kein Schwarzseher oder Spielverderber. Aber er will verhindern, dass wir uns etwas in die Tasche lügen oder Blinde-Kuh spielen. Mit seinen Diagnosen treibt er in die Enge, er will Aufklärung und Entscheidung, möglichst konkret und mit  lebenslanger Treue.  Nichts als die Wahrheit  hat er im Sinn, die Unterscheidung von Letztem und Vorletztem. Denn ohne sie gibt es kein gelingendes Leben.

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