Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Manchmal frage ich mich: Wie ist das beim letzten Gericht am Ende meines Lebens? Wenn meine letzten Tage gekommen sind und ich, wie die Bayern es sagen, vor meinen Herrgott treten muss?
Ich weiß, das ist eine schwere Frage, so früh am Morgen. Niemand lässt sich gerne kontrollieren. Und am Ende meines Lebens, da weiß ich jetzt schon: vieles werde ich nicht bereinigt und gelöst haben. Ich werde manchen manches schuldig geblieben sein.
Wie stelle ich mir meinen Gott eigentlich vor, der mich am Ende der Tage fragen wird: „Na, wie wars denn? Wie bist Du durchs Leben gekommen? Zeig mal deine Fahrkarte.
Mir ging das vor kurzem so. da fragt mich letzten Freitag auf der Rückfahrt von München der Schaffner nach meiner Fahrkarte: „Guten Morgen. Noch jemand zugestiegen? Die Fahrkarten bitte!"
Ein groß gewachsener Mann, blonde Haare, bayerischer Akzent. Ich schaue ihn freundlich an, das mache ich immer so. Kontrollen sind meist irgendwie unangenehm. Da bin ich betont brav, zurückhaltend, übermäßig freundlich und ein bisschen auch kleines Kind.
Ich schaue an dem Bundesbahnschaffner hoch. Groß ist er, einen freundlichen Blick und Humor hat er und wie die Bayern wohl sagen würden, alles in allem eine stattliche Figur. Er schaut sich alles genau an, lächelt, schnipst mit der Zange meine Fahrkarte durch und sagt mit tiefer Stimme: „Bei Ihnen sieht alles insgesamt sehr gut aus. Das passt."
Ich schaue hoch an ihm und bin entlastet, als würde mir gerade ein Chefarzt meine Gesundheit erklären.
„Bei Ihnen sieht alles insgesamt sehr gut aus. Das passt."  Dieser Satz am Ende meiner Tage! Das wäre mein Wunsch, meine Erwartung, ja das wäre meine Hoffnung. Wenn Gott so vor mir stünde, später mal. Mich anschaute, lächelt und sagt: „Das passt". Schnips.
Ich wünsche mir einen freundlichen Gott. Einen der mir mit einem Lächeln begegnet. Am Ende meiner Zeit. Er müsste nicht blond sein, auch nicht so groß und er müsste keine drei Streifen an seiner Jacke tragen wie der Kontrolleur eben. Aber freundlich, das sollte er schon sein. Und ich glaube fest daran, so darf ich ihn mir wünschen: Meinen Gott.
Als einen guten Reisebegleiter durch mein Leben, der mich wenn´s soweit ist fragt und kontrolliert, ausgestattet mit einer ruhigen und tiefen Stimme, lächelnd und vielleicht sogar auch mit einer Portion stattlichem Humor. Das passt. Schnips.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14010
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