SWR4 Abendgedanken

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„Kommen Selbstmörder in die Hölle?" Eine sehr schwierige Frage. Eine Freundin hat mich das neulich gefragt. Das besonders Schwierige daran ist, dass sie seit Jahren depressiv ist und immer wieder daran denkt sich das Leben zu nehmen. Weil sie gläubig ist macht ihr diese Frage auch Angst.

Sicher ist daseine Frage, die auch Menschen beschäftigt, die einen Angehörigen oder einen Freund durch Selbsttötung verloren haben. Früher hat man Menschen, die sich das Leben genommen haben, als „Selbstmörder" bezeichnet und sie nicht mal innerhalb des Friedhofs beerdigt. Es hat als Sünde gegolten, dass man das Geschenk des Lebens, das man von Gott bekommen hat, einfach wieder zurückgibt.

Mit dem heutigen Wissen ist das einfach nur unmenschlich. Eine Depression und viele andere psychische Krankheiten sind zwar oft behandelbar, aber sie können leider auch tödlich verlaufen. Und wer diesen Kraftakt unternimmt und sein Leben beendet, hat in seinem Leben oft schon die Hölle durchgemacht. Und wenn es soweit kommt, ist es furchtbartragisch und ich finde, dass ich als Freund oder Angehöriger alles tun muss, was den Lebensmüden zum Leben hilft. Aber ich kann nicht alles können oder aufhalten. Von den Betroffenen ganz zu schweigen. Deshalb ist für mich klar: Von Selbstmord kann da keine Rede sein.

Als meine Freundin mich das gefragt hat, ob so jemand in die Hölle kommt, habe ich mich deshalb ziemlich in der Bredouille gefühlt: Einerseits glaube ich nicht an einen Gott, der Menschen erschafft, sie liebt und dann zulässt, dass sie scheitern und dann auchnoch beleidigt ist, wenn sie ihm sein Geschenk des Lebens zurückgeben.

Andererseits wollte ich ihr aber auch nichts sagen, was ihr einen Suizid gedanklich erleichtern könnte.

Zunächst habe ich ihr eben genau das gesagt. Dann habe ich ihr erklärt, dass ich zwar schon an die Existenz einer Hölle glaube. Vielleicht gibt es ja Menschen, die sich in vollem Bewusstsein durch ihr bestialisches Verhalten anderen Menschen gegenüber in unendliche Gottesferne katapultiert haben und das auch nicht einsehen oder bereuen. Aber unabhängig davon kann ich mir Gott einfach nur so vorstellen, dass er mir im Tod wie ein liebender Vater entgegenkommt und mich in seine Arme nimmt. Und dass er mich so liebt wie ich bin. Vielleicht kann ein Mensch sich gegen das Leben entscheiden, aber ich hoffe, dass Gott sich nichtgegen diesen Menschen entscheidet. Wenn es anders wäre, dann könnte ich ja Gottes Liebe eine Grenze setzen.

Meine Freundin hat nur gesagt: „Gottes Liebe ist sicher nicht begrenzbar".

Das gefällt mir.

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