SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Was ist das Gegenteil von gut?  - Gut gemeint. Das soll zwar eine Scherzfrage sein, aber dieser Scherz hat auch was Sarkastisches. Ein Beispiel dafür, wie das gut Gemeinte in die Hose gehen kann, ist diesen Sommer passiert: Im Internet ist das wirklich peinliche Ergebnis der spontanen Aktion einer 82jährigen Frau zu sehen. Und es war wirklich gut gemeint, als die alte Mesnerin einer spanischen Dorfgemeinde sich dranmacht, das Jesusbild ihrer Kirche zu restaurieren. Das Bild ist immer mehr zerfallen. Da hat sich die Frau gedacht „ich bin ja eh für diese Kirche zuständig", hat sich Farbe gekauft und das Bild eines Jesus mit Dornenkorne übermalt. Um es zu retten. Das Ergebnis ist ein Jesusportrait, das mehr an ein Äffchen erinnert als an den leidenden Heiland. Als ich das gesehen uabe, habe ich im ersten Moment auch gelacht. Dann hat sie mir aber auch leid getan, weil sie es ja nur gut gemeint hat.

Aber es hat mich noch weiter beschäftigt. Erst habe ich selbst nicht verstanden warum, aber inzwischen ist es mir klarer. Denn es handelt sich hier ja um einen älteren Menschen, der etwas zu retten versucht, was durch diesen Rettungsversuch erst recht verloren geht. Und das kenn ich auch. Wenn ich zum Beispiel an Eltern denke, die ihre Vorstellung vom Glück ihres Kindes mit aller Kraft verwirklichen wollen und dabei gar nicht merken, dass das Kind etwas ganz Anderes will und sich sein Glück anders vorstellt. Oder wenn ich daran denke, wie schwer mir oft das Älterwerden fällt. Wenn ich krampfhaft am Jungsein festhalte, werde ich davon nicht jünger, nicht mal jünger wirken, sondern nur die Karikatur eines jungen Alten.

Aber wie wird das gut Gemeinte wirklich gut?Von Jesus weiß ich, dass das Loslassen einer Sache oder einer Vorstellung neues Leben bringen kann. Er sagt es sogar sehr krass und bezieht es auf das ganze Leben: „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen". Vielleicht ist das der Schlüssel: Wenn ich im Vertrauen auf Gott oder auf das Leben meine Vorstellungen, Wünsche und Ideen loslassen kann, werde ich vermutlich erst mal auf den harten Boden der Wirklichkeit fallen. Aber danach kann ich vielleicht sehen, wie Gott etwas Neues und wirklich Gutes daraus entstehen lässt. Anders als ich mir vorstelle, aber eben nicht nur gut gemeint, sondern wirklich gut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13991
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