SWR2 Wort zum Tag

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Die Kassen klingeln und wer Geld hat, kauft. Kaufen, was geht. In den Shoppingcitys, in den Outletstores und sonntags sogar in den Metropolen. Ich staune, wie viel Geld Menschen ausgeben, besser noch, wie viel Geld manchmal einfach so aus dem Fenster geworfen wird.
Kaufsucht nennen Forscher das Verhalten, wenn gekauft wird, nur um zu kaufen. Zu Hause stelle ich fest, das brauche ich eigentlich gar nicht.
Die Wirtschaft profitiert von der Kauflust der Menschen. Und wer es sich leisten kann, der leistet sich eben, was das Herz begehrt.
Ich gebe zu, auch ich kaufe gerne ein. Es ist schön, mal etwas Neues anzuziehen und ich bin dankbar, mir auch mal etwas leisten zu können.
Deshalb denke ich auch an die Menschen, die das nicht können: Geld ausgeben. Und ich brauche gar nicht lange überlegen, da fällt mir die Frau ein, die ich oft spätabends an der U-Bahn-Station sehe. Sie durchwühlt mit ihren Händen jeden Mülleimer auf der Suche nach Pfandflaschen.
Ich weiß nicht, ob ich wegschauen soll oder ihr Geld zustecken soll.
Und dann habe ich einen jungen Mann gesehen, der das abgebissene Pizzastück, das kurz davor ein Mann achtlos in den Mülleimer geworfen hat, mit raschem Ruck heraus zieht. Hungrig verschlingt er es. Ich bleibe ohne Worte stehen. Und das mitten in Stuttgart. Soviel Armut auf der einen Seite und so viel Verschwendung auf der anderen Seite.
Wie passt das zusammen? Ich glaube, Solidarität ist angebracht. Und diese Aufgabe soll ich nicht nur die Caritas, die Diakonie oder andere sozialen Einrichtungen überlassen. Zivilcourage ist gefordert! Auch ich kann dazu beitragen - indem ich hinschaue, nachfrage, mich interessiere und helfe.
Die Caritas in Stuttgart hat zum Beispiel eine Einrichtung, die es Menschen mit einer kleinen Brieftasche ermöglicht, Kultur zu genießen. Die Kunstgruppe geht zum Beispiel gemeinsam ins Kino oder ins Museum oder macht eine Theaterfahrt. Es gibt viele Menschen, die unverschuldet in der Armutsfalle gefangen sind. Und es gibt auch viel versteckte Armut, die niemand sieht.
Ich nehme mir vor, das nächste Mal bewusster einzukaufen. Und dann will ich bei der Tagesstätte der Caritas oder beim Tafelladen nachfragen, welche Kleiderspende oder welche Lebensmittel dringend gebraucht werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13970
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