SWR2 Wort zum Tag

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Im Herzen von Berlin liegt der Petriplatz, Ursprungsort der 1237 gegründeten Stadt Cölln, die später in die Stadt Berlin einging. Die letzte Petrikirche dort wurde 1964 unter dem DDR-Regime abgerissen. Dann wurde der Petriplatz ein betonierter Parkplatz, von Plattenbauten umgeben und vom Großstadtverkehr umbraust. Symbol für eine Stadt, Symbol für eine Gesellschaft, die ihre Geschichte und ihre Mitte zu verlieren droht.
Heute ist der Berliner Petriplatz Schauplatz umfangreicher archäologischer Ausgrabungen. Und er kann zum Symbol, zur Vision einer Stadt und einer Gesellschaft werden, die nach einer neuen Mitte und einer Zukunft sucht. Denn auf dem Petriplatz, mitten in Berlin, soll einmal ein Lehr- und Bethaus stehen, das Kirche, Synagoge und Moschee unter einem Dach vereint. Die evangelische Kirchengemeinde, die Jüdische Gemeinde in Berlin und andere Organisationen des interreligiösen Dialogs haben einen Verein gegründet, um dieses ehrgeizige Projekt zu realisieren. Ein Architektenwettbewerb wurde bereits ausgeschrieben; Vorschläge für ein gemeinsames Gotteshaus liegen vor. Drei getrennte Sakralräume und einen gemeinsamen Zentralraum soll es darin geben. In dem Bethaus sollen die Religionen nicht vermengt werden, und was verschieden ist, bleibt verschieden. Jede Religion ist eigenständig. Aber das Gemeinsame und Verbindende steht in der Mitte.
Ob sich dieses Projekt überhaupt verwirklichen lässt, ist ungewiss. Aber die Vision alleine ist schon großartig. Berlin repräsentiert die Vielfalt unserer Gesellschaft. Und im Zentrum dieser Großstadt soll ein Ort entstehen, an dem sich Christen, Juden und Muslime im Glauben und im Gebet verbunden wissen. Vielleicht lädt dieser Ort auch nicht religiöse Menschen ein, zu verweilen. Denn die Grundfragen der Religionen sind die existenziellen Grundfragen jedes  Menschen: Was ist der Sinn meines Lebens und wie kann ich es so gestalten, dass es gelingt? Was gibt meinem Leben Tiefe und Halt?
„Suchet der Stadt Bestes" (Jer 29,7), so sagt die Bibel einmal. Suchet der Gesellschaft Bestes, so ergänze ich und denke dabei an dieses interreligiöse Projekt am Berliner Petriplatz. Jetzt ist es noch eine Vision. Aber solche Visionen sind wertvoll. Sie zeigen, dass die Religionen sich auf ihr Gemeinsames besinnen müssen, wenn sie den Menschen in einer multireligiösen, weithin auch säkularen Gesellschaft helfen wollen, Antworten auf die grundlegenden Fragen des Lebens zu finden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13959
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