SWR2 Wort zum Tag

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„Mit Kopftuch und Kippa": Diese Überschrift in einer Tageszeitung hat mich aufmerken lassen. Darunter stand: „In Osnabrück lernen Kinder in einer Drei-Religionen-Schule Respekt für den Glauben der anderen." Berichtet wird von einer Grundschule des Bistums Osnabrück, die von christlichen, jüdischen und muslimischen Kindern gemeinsam besucht wird. Das Modell, so heißt es, sei bundesweit einmalig.
An dieser Drei-Religionen-Schule sollen die Kinder lernen, den Glauben der anderen zu verstehen und zu achten. Zwar werden sie in ihrer jeweiligen Religion getrennt unterrichtet, ansonsten findet aber der gesamte Unterricht gemeinsam statt. Ihren Alltag gestalten sie mit einander mit ihren Riten und Festen. Im Beirat arbeiten christliche, jüdische und muslimische Vertreter zusammen.
Mich hat dieser Bericht sehr ermutigt, möchte man doch sonst fast resignieren angesichts von so viel gegenseitigem Mißverstehen, von Ignoranz, ja von Aggression und Gewalt zwischen Anhängern der drei großen Weltreligionen - weltweit, aber oft auch hierzulande.
Mich freut auch, dass eine katholische Diözese dieses Modell initiiert hat und trägt, zeigt sie damit doch, dass sie die Verantwortung für die interreligiöse Verständigung ernst nimmt, zu der das Zweite Vatikanische Konzil auffordert.
Und offensichtlich wird dieses Angebot gerne angenommen - nicht nur von den Kindern, die untereinander ganz selbstverständlich Freundschaften schließen. Auch von den Erwachsenen. Sie spüre hier keine Ressentiments, sagt eine jüdische Mutter. An einer anderen Schule hätte die Familie vielleicht eher verheimlicht, dass sie Juden seien. Und für die muslimische Religionslehrerin ist es selbstverständlich, dass sie einen Schleier trägt, ebenso wie ihr jüdischer Kollege eine Kippa.
Dass der Religionsunterricht getrennt stattfindet, behindert das gegenseitige Verstehen nicht. „Wer spürt, dass er mit seinem Glauben von anderen respektiert wird, kann auch stolz zu seiner Religion stehen", wird ein Rabbi aus der Stadt zitiert. Ich füge hinzu: Wenn ich selbst meinen Glauben kenne, ihn zu leben und gedanklich zu durchdringen versuche, kann ich auch eine tragfähigere Brücke zum Anderen finden und begreifen lernen, wie er sich selbst versteht.
Ich bin überzeugt, dass die Kinder der Osnabrücker Drei-Religionen-Schule einmal besser für das Leben in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft gerüstet sind. Dass sie den Glauben der Anderen nicht als fremd und bedrohlich, sondern als bereichernd erleben. Und dass sie nicht verhöhnen, was anderen heilig ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13958
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