Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wir warten, bis alle da sind und wünschen uns dann: Guten Appetit!"
An meiner Schule sagt das die Lehrerin ihren Schülern. Sie essen zweimal am Tag zusammen. Und jedes Mal wünschen sich alle vor dem Essen einen Guten Appetit. Das wird vom ersten Schultag an so eingeübt und bis zum Schluss so beibehalten. Das gehört einfach dazu. 
Kein Wunder, dass die Schüler zusammen  mit einem Lehrer auf die Idee kommen, ein Lied zu schreiben mit dem Titel „Guten Appetit".
Die Schüler singen es gern und laut und oft. Zu allen möglichen Gelegenheiten.
Denn das Lied macht nicht nur Appetit auf´s Essen. Es macht Appetit auf´s Leben.
Appetit auf´s  Leben machen, das ist an meiner Schule besonders wichtig. Hier lernen nämlich Jungen und Mädchen mit einer geistigen Beeinträchtigung. Rechnen, Schreiben und Lesen fällt den allermeisten sehr schwer. Aber die Schüler lernen, sich selbst einzuschätzen, was geht und wo Grenzen sind. Sie erfahren, manchmal gelingt einfach alles, und dann wieder grad gar nichts. Sie erleben: Ich kann vieles, aber nicht alles. Und sie spüren, andere trauen mir etwas zu und halten zu mir. Ich meine, damit sind die Schüler gut vorbereitet für das Leben, das vor ihnen liegt. Das macht sie trotz einiger Schwächen stark und lebensfroh. Sie kriegen in der Schule Appetit auf´s Leben. 
Ich finde, es gehört zu den wichtigsten Aufgaben aller Lehrer, Appetit zu machen auf das Leben, auf die Herausforderungen und auf all das, was das Leben so bietet. Die Schüler sollen Geschmack am Leben bekommen und behalten, sich darauf freuen, neugierig sein und das Leben genießen, so wie ein leckeres Essen, das auf einem Teller vor ihnen liegt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13917
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