SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Der Mensch ist die Krone der Schöpfung. So haben wir's gelernt und so verkünden wir es weiter. Begründen können wir dies nicht nur mit der Evolutionstheorie, die den Menschen als Produkt einer Entwicklung von Millionen von Jahren sieht, sondern auch mit der Bibel. Denn dort steht gleich zu Anfang der Schöpfungsbericht, mit dem Sieben-Tage-Schema. Wenn man so will, eine Art biblische Kurzzeitevolution. Gott schuf die Welt in 7 Tagen, heißt es da. Zuerst schuf er das Licht, dann den Himmel, die Erde, die Pflanzen, Sonne Mond und Sterne, Vögel, Fische, Tiere und zum Schluss den Menschen. Und weil die Krönung des Ganzen immer zum Schluss kommt, ist der Mensch die Krone der Schöpfung, so einfach ist das.
Aber ganz so einfach ist das eben doch nicht. Der Mensch wurde nämlich nicht am 7. Tag geschaffen, sondern bereits am sechsten. Übrigens in der Bibel gemeinsam mit dem Vieh, dem Gewürm und dem Wild des Feldes, mit denen müssen wir uns die Krone also schon mal teilen. Aber die Krone kommt ja zum Schluss, am siebten Tag. Und was macht Gott da? Am siebten Tag macht Gott ganz einfach Pause. Er ruht, er schafft nichts. Er setzt sich hin und betrachtet in aller Ruhe, was er getan hat und damit vollendet er sein Werk, setzt ihm die Krone auf.
Ein verrückter Gedanke: Die Krone der Schöpfung ist das Nichtstun. Nicht die aktive Arbeit, das Produzieren, das Engagieren ist der Höhepunkt, sondern Ausruhen, Betrachten, Nichtstun. Nur im ersten Moment ist dieser Gedanke verrückt. Konsequent durchdacht kann er vor Vielem schützen: Vor Stress, Hektik, Herzinfarkt, piependen Handys, Überproduktion und Ausbeutung der Umwelt. Die Krone der Schöpfung ist die Pause - ein sympathischer Gedanke.

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