SWR3 Gedanken

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Alfred Jussuf steht auf seinem Schild. Er arbeitet in einem Telefonladen und jetzt soll er mir meine Telefonrechnung erklären, warum die so hoch ist. Wie Alfred Jussuf hab ich mir immer einen Prinzen aus Tausendundeine Nacht vorgestellt: dunkle Augen, dunkle Locken, schmale lange Nase.
„Sie sind von der Evangelischen Kirche?" fragt er, als er meine Papiere liest. „Ja, warum?" Er schaut hoch und lächelt: „Hab ich gute Erfahrung mit gemacht. Wir waren ja eine Flüchtlingsfamilie, haben zuerst gegenüber der evangelischen Kirche gewohnt. Mein Bruder und ich, wir waren oft in der Jugendgruppe. Kumbaja my lord und so Sachen singen. Echt schön! Eigentlich haben wir in der Gemeinde deutsch gelernt."
Ich bin ganz gerührt. „Ja, und an Weihnachten, sagt er und nimmt Haltung an, da war ich der Titus und mein Bruder war der Thomas."
„Ah, Krippenspiel an Heiligabend! Da haben Sie mitgemacht? Sind Sie nicht Muslim?"- „Na klar bin ich Muslim. Bin ich immer noch. Aber die Weihnachtsgeschichte, die war gut. Ist auch mit Flüchtlingen."
Und dann nimmt er ein Formular, tippt etwas in seinen Rechner und sagt: „Ich kümmer mich um Ihre Rechnung. Ist nicht in Ordnung. Können sich auf mich verlassen. Haben wir doch nur einen Gott, oder?"
Ja, wir haben nur einen Gott. Auch wenn wir aus verschiedenen Kulturen und Religionen stammen. Alfred Jussuf und ich. Islam und Christentum. Aber vor vielen Jahren, da haben meine Glaubensgeschwister den kleinen Jussuf und seine Familie in ihre Gemeinde aufgenommen. Haben den Muslimbuben beim Krippenspiel mitmachen lassen, ohne ihn bekehren zu wollen. Einfach so.
Und jetzt ist er für mich da. Einfach so.
So ist das mit dem Weltfrieden. Der wächst aus unseren guten Taten. Und oft kriegen wir das gar nicht mit. Wie zum Beispiel aus einem kleinen Flüchtlingsjungen ein prima Kommunikationswirt mit Namen Alfred Jussuf wird.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13811
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