SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Meine letzte Beichte war: In einem Beichtstuhl. Ich war 16 Jahre alt. Zwischen mir und dem Priester ein Gitter. Der Vorteil: Es war anonym.
Kurz vor meiner Hochzeit wollte ich es wieder tun: Beichten gehen. Aber dieses Mal in einem sogenannten "Aussprechzimmer" bei den Kapuzinerpatres in der Nähe meines Heimatdorfes.
Ich war sehr nervös. "Wie beichte ich denn überhaupt richtig? Was sage ich? Was schleppe ich an Ungeklärtem schon lange mit mir herum? Was will ich vor Gott hintragen?" Mein "Beichtzettel", den ich zu Hause vorbereitet hatte, hat mir geholfen, meine Gedanken zu ordnen. In einem ruhigen Winkel in der Kirche habe ich mir genügend Zeit genommen für das Beichtgespräch. Gebete aus dem Gesangbuch haben mir geholfen, mich einzustimmen auf mein "Schuldbekenntnis". 
"Wo habe ich andere verletzt, bei wem möchte ich mich entschuldigen, was tut mir von Herzen leid? Habe ich zu wenig geliebt, gehofft und an das Gute geglaubt?"
Und dann leuchtete das Schild "Beichtgelegenheit" grün auf . Im sogenannten "Aussprechzimmer" empfing mich ein liebenswürdiger älterer Pater, streckte mir die Hand entgegen und bat mich neben dem Tisch, auf dem eine Kerze stand, Platz zu nehmen. Und da saß ich nun. Der Pater schaute mir in die Augen, ich holte tief Luft und legte los. Zuerst habe ich langsam und zögerlich gesprochen, mit der Zeit wurde ich mutiger und erzählte alles, was mich am Herzen drückte. Es war schön, ja, es war befreiend erzählen zu können und das Gefühl zu haben, da hört jemand zu, nimmt mich und meine Sorgen ernst. Innerlich habe ich "aufgeatmet" und auch "aufgeräumt". Mit dem kurzen Gebet "Herr Jesus, erbarme dich meiner" habe ich mein etwas längeres Bekenntnis abgeschlossen. Der Pater hat mich angelächelt und das tat gut. Und dann hat er das eine oder andere, was ich gesagt habe, nochmals angesprochen. Er hat mich getröstet und mir Mut gemacht zu mehr Gottvertrauen. Das habe ich nicht erwartet, die Beichte als freundliches, persönliches Gespräch unter vier Augen und Gott hört mit. Es war schön, mein Herz auszuschütten, das loszulassen, was mich belastet und zu wissen, alles ist gut aufgehoben bei diesem netten Pater und seiner Zusage, dass Gott immer vergibt und mich neu anfangen lässt. 

Madeleine Spendier, Katholische Kirche, Tübingen

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13785
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