SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Es gibt Abende, da muss es einfach raus. Dann komm ich nach Hause und rufe schon im Treppenhaus laut „Feierabend!" Damit lasse ich alles hinter mir, was mich geärgert oder angestrengt hat. Und ich freue mich auf den Abend.
Dieses laute „Feierabend" ist auch Teil einer Legende. Es geht um die Magd Notburga. Sie hat im 13. Jahrhundert in Tirol gelebt und bei einem Bauern gearbeitet. Als dieser seine Erntemannschaft nach dem Feierabendläuten nochmal auf die Felder schicken will zum Weizen schneiden, da kommt es zum Eklat: Die Magd Notburga brüllt „Feierabend!" und wirft dabei ihre Sichel in die Luft. Die Legende erzählt, dass die Sichel in der Luft schweben bleibt. Es gibt Bilder, da wird die Sichel von Engeln gehalten, auf anderen hängt sie an einem Sonnenstrahl fest. Gleich wie es war, der Bauer war jedenfalls so beeindruckt, dass er die Forderung akzeptiert und die Arbeiter samt Notburga nach Hause geschickt hat. 
Für mich klingt das wie ein Rezept für alle, die zu Überstunden gezwungen werden. Von ihrem Chef oder von sich selbst. Man muss vielleicht nicht gleich „Feierabend" durchs Büro brüllen, wenn´s reicht. Aber ich glaube es ist schon wichtig, den Wunsch nach genügend Freizeit klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, egal in welcher beruflichen Position ich bin. Notburga war ja auch nur eine Magd. 
Ich stehe mir für einen rechtzeitigen Feierabend oft auch selbst im Weg. Nur noch kurz die Mails checken. Und den Stapel hier, den krieg ich auch noch weg. Vielleicht ist für solche Fälle die Sichel der Notburga ein gutes Zeichen. Die bleibt in der Legende ja in der Luft schweben. Standbild sozusagen. Mit einem sauberen Schnitt die Arbeit beenden und am nächsten Arbeitstag das Standbild wieder weiter bewegen. Vielleicht denken Sie ja dran, wenn heute Abend das Wochenende lockt: An die Heilige Notburga, Schutzpatronin des pünktlichen Feierabends.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13762
weiterlesen...