SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Vor fast auf den Tag genau 190 Jahren hat die Katholische Kirche zähneknirschend anerkannt, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht andersrum. Die Kirche hatte bis dahin angenommen, es könne gar nicht anders sein, als dass sich alles um den Menschen und die Erde drehe, also um die „Krone der Schöpfung". Dabei hatte der Gelehrte Kopernikus schon im 16. Jahrhundert erkannt und beschrieben, dass die Sonne der Mittelpunkt unseres Systems ist. 
Aber nicht nur die Katholiken, sondern auch die Protestanten fanden die neue Idee von Kopernikus anfangs seltsam. Martin Luther hat sich gewundert: „Ein neuer Astrologe möchte beweisen, dass die Erde sich anstelle des Himmels bewegt. Als ob jemand in einem fahrenden Wagen denken könnte, dass er stehen bleibt..." 
Auch für viele weltliche Gelehrte war die Theorie von Kopernikus einfach nicht denkbar. In Experimenten ließen sie von hohen Türmen Steinbrocken fallen. Wenn die Erde in Bewegung sei, dann müssten die Steine ja schräg nach unten fallen und nicht genau senkrecht unter dem Turm aufschlagen. 
Ich finde es gut, dass sich nicht alles um die Erde und den Menschen dreht. Das kann den Blick weiten und bietet mehr Freiheit. Es gibt doch nichts Schlimmeres, als um sich selbst zu kreisen. Ich denke da an Menschen, die immer im Mittelpunkt stehen wollen. Gesprächspartner, die nur über sich erzählen. Oder Vereine, die vor lauter Gerangel im Vorstand vergessen, wozu sie eigentlich angetreten sind. 
Insofern ist es doch ein schönes Zeichen, wenn die Erde nicht um sich selbst, sondern um die Sonne kreist. Vielleicht eine Erinnerung daran, dass ich mich selbst nicht so wichtig nehme. Oder dass ich mich an etwas Größerem orientieren kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13760
weiterlesen...