SWR3 Gedanken

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Andy Holzer ist ein Phänomen. Er ist seit seiner Geburt blind und dennoch klettert er Extremtouren: den Mount McKinley in Alaska bei minus 38 Grad zum Beispiel. Oder als erster blinder Mensch in neun Stunden durch die Nordwand der Großen Zinne in den Dolomiten.
Wie geht das wenn man blind ist, hab ich mich gefragt. Andy Holzer hört, fühlt und ertastet die Berge. Seine Finger sind für ihn wie Augen. An feuchten Wänden tastet er nach trockenen Stellen. Denn wo kein Wasser fließt, bilden sich Vorsprünge. Er hört auf den Wind, schnalzt mit der Zunge und lauscht auf das Echo. Oder er wirft Sand auf ein Plateau und erkennt am Geräusch, wo der Abgrund beginnt. Und der Gipfel? Wie weiß ein Blinder, wann er oben ist? Andy Holzer sagt: „Da ist kein Echo, die Luft fühlt sich anders an, kein Druck mehr über dir. Es ist, als würde man einen Hut abnehmen." 
Mittlerweile finanziert sich Andy Holzer durch Vortragsreisen und Manager-Seminare. Seine Erlebnisse regen andere Menschen an, zu träumen oder einen lang gehegten Wunsch endlich anzupacken. 
Andy Holzer hat vielen etwas voraus: er weiß, wie man Hindernisse überwindet. Er ist schon als Kind immer wieder mit blutigen Knien heimgekommen, aber er wollte um jeden Preis die Welt entdecken. Also haben ihn seine Eltern mit zum Skifahren genommen, an einem Gummiband. Und auch mit zum Klettern. Mit neun Jahren hat er zum ersten Mal ein Gipfelkreuz berührt. Das pure Glück für ihn. „Für mich war das die Bestätigung, dass ein Berg eine Spitze hat, wo alles zusammenläuft." 
Sein Leben braucht auch eine Spitze, wo alles zusammenläuft. Für Andy Holzer ist das sein Glaube. Vor jedem Aufstieg bekreuzigt er sich, denn sein Glaube gibt ihm Halt, sagt er. Ich glaube, Andy Holzer hat gefunden, was viele suchen: Den Halt am Berg und den Halt im Leben.

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