SWR2 Wort zum Tag

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Der Fußballer Kevin Pezzoni löst nach Drohungen durch gewaltbereite Fans seinen Vertrag mit dem 1. FC Köln - was sagt das über unsere Gesellschaft aus und welche Konsequenzen ziehen friedliche Bürger?
Er wurde gemobbt und zog schließlich die Reißleine. Eine gebrochene Nase, Drohungen vor der eigenen Haustür, Verabredungen im Internet, ihn zusammenzuschlagen - der Fußballer Kevin Pezzoni hat das nicht mehr ausgehalten und seinen Vertrag mit dem 1. FC Köln aufgelöst. Der Verein bedauert das und kritisiert die gewaltbereiten Fans, die den Fußballer zum Aufgeben gezwungen haben.
Das ist jetzt 5 Tage her und ich bin immer noch fassungslos - auch darüber, dass der verzweifelte Schritt von Kevin Pezzoni schon wenige Tage später keine Schlagzeile mehr wert war. Ja, wenn sich der Fußballer das Leben genommen hätte! Dann hätte es große Verlautbarungen gegeben, Diskussionen über Mobbing und Depressionen im Leistungssport. Aber so - ein Rücktritt. Und der erhobene Zeigefinger des Vorstands, so was ginge zu weit. Ist das alles?
Hier ist ein Mensch gemobbt, vom Mob gehetzt worden, und es geschieht nicht mehr als eine Moralpredigt? Für mich ist das ein Schlag ins Gesicht aller Mobbingopfer. Und eine ganz große Anfrage. Wo sind denn die Menschen, die diesen Menschen schützten? Warum hat sich der Vorstand nicht ganz leibhaftig um Kevin Pezzoni geschart und ihn so geschützt? Warum haben das nicht die friedlichen Fans getan? Wo ist denn die vielbeschworene Gemeinschaft der Fußballfamilie? Hatten die Angst? Hätte ich auch Angst gehabt? Die Älteren erinnern sich noch an Zeiten, in denen in Deutschland offen und ungestraft gegen Menschen gehetzt werden durfte und denen auch kein anderer Ausweg blieb, als aufzugeben - wenn sie überhaupt die Chance dazu hatten. Offenbar steckt der Keim des Bösen unausrottbar in den Menschen: Der böse Keim zur Gewalt, und der böse Keim, zu kapitulieren vor der Gewalt, der böse Keim der ganz persönlichen Feigheit. Martin Niemöller, Pfarrer und Gefangener von Adolf Hitler, später war er Kirchenpräsident, hat einmal gesagt: Als sie die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist, als sie die Sozialdemokraten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialdemokrat, als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter, als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
Mag sein, mancher denkt: Es geht ja nur um Fußball, und in Köln war der Mob, nicht der Staat gewalttätig, so wie damals bei den Nazis. Ich meine: Wehret den Anfängen! Es geht um die Sitten in unserer Gesellschaft und um einen Menschen, ein Geschöpf Gottes. Für Christen und alle Menschen guten Willens in Deutschland muss das heißen: Damit finden wir uns nicht ab! Wir protestieren gegen Mobbing, protestieren gegen das Böse und die Gewalt! Wenn sich die Gewalttäter organisieren können, warum nicht auch die Friedfertigen? Mit einer Demonstration, mit Briefen an den Vorstand des 1. FCK, mit solidarischen Briefen an Kevin Pezzoni. Im Namen der Menschlichkeit, und auch im Namen Gottes, müssen wir protestieren und aktiv werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13753
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