Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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"Gott, ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin!"
Ein Gebet. Ein Vers aus einem Psalm. Wer das wohl so gesagt hat? Einer von den Reichen, Schönen, Glücklichen im Jerusalem vor 2500 Jahren? Einer, bei dem alles gestimmt hat: der Bodymass Index und der Kontostand?
"Gott, ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin!"
Es gibt Zeiten, in denen mir ein solcher Satz ganz leicht über die Lippen kommt. Zum Beispiel vor kurzem, als ich mein Fahrrad erschöpft und glücklich wieder in die Garage geschoben habe. Ich bin ohne bestimmtes Ziel einfach drauflos gefahren, über Tal und Hügel. Voller Freude hab ich mich müde gestrampelt! Meine Beine, meine Lungen, meine Augen und meine Hände - alles hat auf dieser kleinen Tour seinen Dienst versehen.
Normalerweise nehme ich das als selbstverständlich hin. Bis ein Körperteil mal ausfällt. Plötzlich werden ganz alltägliche Verrichtungen schwierig oder unmöglich. Dann merke ich: Dass mein Körper so funktioniert, ist alles andere als selbstverständlich!
Es ist etwas Wunderbares und ich freue mich darüber, dass ich lebe und mich bewegen kann. Wenn ich nie erfahren hätte, dass es auch anders sein kann, dann würde ich diese Freude wahrscheinlich gar nicht so empfinden können.
"Gott, ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin!"
Das muss nicht ein strahlender Held oder eine bildhübsche Prinzessin gesagt haben. Vielleicht einfach jemand, für den dieses Wunderbare nicht selbstverständlich ist. Wie viele junge Leute sind mir schon begegnet, auch Jugendliche, denen ich gar nicht angemerkt habe, dass sie mit einer unheilbaren Krankheit leben. Und das so fröhlich, so lebensbejahend! Und ich muss an alte, kranke Menschen denken, die so vieles nicht mehr können. Die stecken mich jedesmal an mit ihrer Lebensfreude und ihrer Dankbarkeit. Weil für sie das Leben alles andere als selbstverständlich ist. Ich könnte gut verstehen, wenn sie verzweifelt wären. Aber sie leben gern. Das macht mir Mut.
Morgen ist Sonntag, da geht alles ein bisschen ruhiger zu als unter der Woche. Ein idealer Tag, alles zu genießen, was eben doch nicht selbstverständlich ist.
"Gott, ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin!"
An diesem Wochenende möchte ich mich dankbar an allem freuen, was ich noch kann.

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