SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Manchmal ist es richtig schwer, sich zu entscheiden, genau zu wissen, was man will. Und für meinen kleinen Sohn ist es manchmal noch schwerer. Das kann ich mir schon gar nicht mehr vorstellen. Und es macht mich verrückt.
„Möchtest Du noch einen Keks haben?" „Nein, will ich nicht." Also packe ich die Kekse weg. „Mama, nicht wegmachen. Ich möchte Keks essen." „Hm, Du willst also doch einen Keks essen?" „Ja." „Gut, dann nimm dir einen." „Mama, nein, nicht Keks, Banane essen."
Was jetzt? Keks ja oder nein? Ich stöhne innerlich. Und dabei ist Keks oder Banane ja eine Kleinigkeit. In wichtigeren Fragen ist es manchmal noch viel schwerer, sich klar zu entscheiden.
Jesus hat einmal gesagt: Eure Rede sei: Ja, ja; nein, nein. (Mt 5,37) Ganz klar. Ein Jain, also eine Kombination zwischen Ja und Nein geht nicht. Gibt es nicht. Entscheidungen müssen her.
„Eure Rede sei: Ja, ja; nein, nein." Ehrlich gesagt: ich krieg das auch nicht immer hin. Denn manchmal sage ich „ja", wenn ich eigentlich „nein" sagen will.
„Kannst Du mir grad mal helfen? Ich werde allein nicht fertig" Wenn mich jemand so fragt, dann sage ich beinahe automatisch: „Ja klar, mach ich." Und sofort danach bereue ich es. Denn Zeit habe ich nicht, aber ich will und kann auch nicht „nein" sagen. Aber ein „nein" wäre besser, ehrlicher. Denn mit meinem Ja, das nicht ehrlich ist, bringe ich mich bloß in Schwierigkeiten. Und der Hilfesuchende spürt es und weiß nicht recht, was mit mir los ist.
„Eure Rede sei: Ja, ja; nein, nein." Ich muss also nicht immer „ja" sagen. „Ja, ich kann dir helfen." „Ja, ich habe Zeit für Dich." „Ja, ich kann das auch noch machen." Es ist auch völlig in Ordnung mal „nein" zu sagen. „Nein, ich kann dir dieses Mal nicht helfen." „Nein, ich habe heute keine Zeit für dich." „Nein, ich schaffe das beim besten Willen nicht mehr."
Egal, wie ich antworte, wie ich mich entscheide, ein „ja" soll ein „ja" sein, ein „nein" ein „nein". Denn alles andere ist nicht ehrlich, weder mir noch den anderen gegenüber. Und das kann mich ganz verrückt machen.
Wie schwer es manchmal ist, mit dem „ja" und „nein" führt mir tagtäglich mein kleiner Sohn vor Augen. Und ich hoffe, dass wir beide zusammen lernen, uns jedes Mal für das Richtige zu entscheiden. Und auch einmal „nein" zu sagen.

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