SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Man muss in den Ferien wirklich nicht weit verreisen. Manchmal genügen wenige Zutaten, um etwas Wunderbares zu erleben. Eine schöne Wiese. Der blaue Himmel, über den ein paar Schäfchenwolken ziehen. Man selbst in Rückenlage mit Blick nach oben.
So eine Szene beschreibt Joachim Ringelnatz in seinem Gedicht „Sommerfrische": „Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß, das durch den sonnigen Himmel schreitet. Und schmücke den Hut, der dich begleitet, mit einem grünen Reis. Versteck dich faul in der Fülle der Gräser, weil's wohl tut, weil's frommt. Und bist du ein Mundharmonikabläser und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt."
Ja, sicher, Musik gehört auch dazu. Die richtige Stimmung kommt dann mit dem Klang der Melodie. Der Seele tut das gut. Und leise und leicht beginnt sie zu schwingen und zu singen.
Mich erinnert die Leichtigkeit dieser Zeilen an ein anderes Sommerlied: „Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit." Es ist fast 300 Jahre älter. Paul Gerhardt hat es gedichtet. Auch hier geht es darum, uns aufmerksam zu machen auf die Fülle und Schönheit, die der Sommer bringt.
Von alleine bemerke ich das oft gar nicht. Darum ist der Impuls wichtig, der von außen kommt und an meinen Willen appelliert: „Geh aus mein Herz und suche Freud"!
Denn man kann auch alles mögliche Andere suchen und finden als Freude. Das berühmte Haar in der Suppe. Den Fliegendreck auf dem ansonsten weißen Tischtuch.
Das suchen, was Freude bringt, beschreibt hingegen eine Aktivität, die ich selbst erbringen muss. Wenn ich Freude suche, dann werde ich mit Sicherheit etwas Neues finden, etwas Herzerfrischendes und die Seele Erhebendes! Die sommerliche Natur um mich herum ist voll von möglichen Entdeckungen.
Darum, höre auf das, was deine Seele sagt! Das Leben besteht nicht nur aus dem, was du erledigen musst. Es ist alles da, was die Lebensfreude wachsen lässt. So dass ich mir mit Paul Gerhardt wünsche, dass diese Sommerfülle nie vergehen möge. „Erwähle mich zum Paradeis und lass mich bis zur letzten Reis an Leib und Seele grünen", dichtet er am Schluss seines Liedes.
Wirklich, man muss in den Ferien nicht weit verreisen. Es genügt ein Schritt auf eine sommerliche Wiese. Und der Blick in den blauen weiten Himmel, über den die Wolken ziehen.

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