SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Vor dem Theater in Weimar stehen sie auf dem Sockel, überlebensgroß. Arm in Arm. Goethe und Schiller, unsere großen Dichterfürsten. Denkmäler wie dieses gibt es viele im Land. Fast immer hingestellt für Menschen, die Großes geschaffen haben. Weltliteratur zum Beispiel, oder unvergessliche Musik. Die Industrieimperien groß gemacht haben wie die Krupps oder die Siemens. Die Kriege gewonnen und Staaten gegründet haben. Die Sockel auf denen sie stehen. Sie seien ihnen gegönnt.
Die Helden aber, denen man nur selten einen Sockel baut, sind für mich jene, die Krisen meistern müssen. Da ist der Unternehmer, der sein Unternehmen verkleinern muss, weil es nicht mehr rund läuft. Der Politiker, der keine Geschenke mehr versprechen kann, sondern Kürzungen erklären muss. Der Arzt, der dem Patienten mitteilen muss, dass der Kampf gegen die Krankheit nicht zu gewinnen ist. Der Bischof, der keine neuen Kirchen bauen kann, sondern welche schließen muss. So mancher duckt sich in solchen Situationen lieber weg. Andere bestimmen von oben herunter oder verstecken sich hinter Vokabeln wie „alternativlos". Menschliche Größe aber zeigt sich erst da, wo ich den Ängsten und Sorgen der Betroffenen nicht ausweiche. Wo ich versuche, zu verstehen und zu trösten. Und wo es geht, auch zu vermitteln und nach neuen Wegen zu suchen. Das ist oft unendlich mühsam, hat viel mit Wut, mit Tränen und Traurigkeit zu tun und nur selten mit grandiosen Erfolgen. Dabei ist es unendlich wichtig und wertvoll. Nur den Sockel für ein Denkmal, den gibt es für solche Helden leider ziemlich selten. Schade

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13594
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