SWR4 Abendgedanken

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Vorsicht Ansteckungsgefahr! Es hat am 30. Januar 1962 in einem Dorf in Tansania angefangen. Drei Mädchen sind in unkontrolliertes Lachen ausgebrochen und haben hoch ansteckend gewirkt. Bis zum 18. März sind 95 Bewohner des Dorfes in Lachen verfallen. 10 Tage später hat dieses ansteckende Lachen über 200 weitere Menschen erfasst. In einem Dorf, das über 90 Kilometer entfernt ist. Dieser Fall ist als „Tanganyika-Lachepidemie" bekannt geworden. Dass Lachen und auch Weinen ansteckend ist, ist ja an sich nichts Neues. Aber Hirnforscher haben herausgefunden, dass das für viel mehr Emotionen stimmt. Inzwischen gibt es sogar schon Studien, die untersuchen, wie diese Ansteckung funktioniert. Ich habe neulich in einer Zeitschrift davon gelesen.
Was mich dabei besonders zum Nachdenken bringt, ist eine Studie, die belegt, dass diese Übertragung von Stimmungen auch durch reine räumliche Nähe funktioniert. Also zum Beispiel bei Nachbarn, die nur nah beieinander wohnen, aber im Alltag fast nichts miteinander zu tun haben.
Wenn das wirklich stimmt, habe ich gedacht, dann muss ich aber vorsichtiger mit meinen Emotionen umgehen. Wenn ich eine Grippe habe, versuche ich ja auch, die anderen nicht damit anzustecken. Es gibt Tage, da bin ich einfach schlecht drauf, ohne Grund. Und an solchen Tagen könnte ich dann ja die anderen Leute vor einer Ansteckung schützen und Abstand halten. Dass ich jetzt nicht falsch verstanden werde, ich will nicht sagen, dass Schlechtgelaunte sich zurückziehen sollen. Im Gegenteil. Wenn jemand körperlich krank ist, geht er ja auch zum Arzt oder ins Krankhaus und lässt sich behandeln. Und dabei wird ja auch auf die Ansteckungsgefahr geachtet. Und wenn ich Trost brauche, dann kann ich ja auch auf anderen zugehen und zum Beispiel fragen, ob sie gerade genug Kraft und Zeit für mich haben.
Mir geht es um beides: Das eine ist der Schutz vor Ansteckung mit dem, was krank macht. Als Zivi habe ich bei psychisch kranken Menschen gearbeitet und am Anfang habe ich Angst gehabt, ob ich mich vielleicht an ihrer Traurigkeit anstecken kann. Einen Tag bevor es losgegangen ist, habe ich aber ein Bibelwort gelesen, das mich gestärkt hat. Es hat mich wie eine Impfung geschützt und mir geholfen. Bei Paulus heißt es nämlich: „Freut Euch im Herrn zu jeder Zeit. Eure Güte werde allen Menschen bekannt." (Phil 3,4)
Und darin steckt auch das andere, das Anstecken: Wie wäre es nämlich, wenn ich die anderen mit Glücklichsein, mit Freude und Hoffnung anstecken würde? Wenn meine Nachbarn, meine Stadt oder sogar andere Länder wie Griechenland von meiner Hoffnung erfasst würden?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13576
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