SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Sie hat sich verduftet. Die schönste Blume der Welt - Maria."
Mit diesen Worten umschreibt der Dichter Wilhelm Willms das Geschehen, das die katholischen Christen heute feiern: „Mariä Himmelfahrt" oder auch „Aufnahme Mariens in den Himmel". Ich merke schon an den Worten, die ich dafür verwende, wie ich dazu stehe: Ich kann fromm und erhaben darüber reden oder eben salopp wie Willms sagen „Sie hat sich verduftet."
Willms spielt damit an auf die alte Legende vom Tod Mariens. Es wird erzählt, dass die Apostel drei Tage nach Marias Tod zu ihrem Grab kommen und das Grab leer vorfinden - wie bei Jesus. Aber eins ist anders als bei Jesu Auferstehung: Dort wird nicht über Gerüche geredet, hier heißt es, dass es im Grab nach Blumen geduftet hat.
Mir gefällt das. Denn alles, was von Maria gesagt wird, gilt auch für mich und für jeden Christen: Wenn für sie alles gut wird, dann vielleicht auch für mich. Der Himmel, in den ich dann komme, ist ja nur ein Bild: luftig, leicht, schwerelos. Aber eben nicht frömmlerisch und sinnesarm. Der Himmel, auf den ich hoffe, ist ein Fest für die Sinne. Das zeigt diese Ergänzung mit dem Blumenduft. Auch wenn ich es nicht sofort spüre: Mir geht es oft so, dass der Geruch an einem Ort entscheidend dafür ist, ob ich gerne da bin. Das könnte sogar ein Bild sein, wie ich als Christ wirken möchte: Dass die Leute sich wohl fühlen, denen ich begegne, weil ich eine gute Aura verströme.
Was mir außerdem daran gefällt, dass Willms sagt, Maria habe sich „verduftet", ist, dass es klug und frech klingt. Maria ist hier keine kopfnickende Naive, die zu allem einfach nur ja sagt. Auch wenn es für sie mit ihrem Sohn sicher nicht immer leicht gewesen ist, ich denke nur an die öffentliche Schande, dass er am Kreuz stirbt oder an den Umstand, dass er außerehelich gezeugt worden ist: Für die damaligen Zeiten nicht nur peinlich, es hätte für Maria sogar den Tod bedeuten können, wenn ihr Mann sie verstößt. Aber sie steht alles durch im Vertrauen, dass Gott alles zum Guten wendet. Das erscheint vielleicht naiv. Aber es zeigt sich, dass sie mir damit meilenweit voraus ist. Letzten Endes weiß sie, wos lang geht. Und bis ichs merke, ist sie schon dort. Als ob sie sagen würde: Ich bin dann mal weg. Im Himmel. Verduftet.

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