SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Vielleicht kennen Sie noch das alte Kinderspiel „Eins, zwei, drei, und ich bin frei!“ Als Kind hat es mir viel Spaß gemacht. Die Spielregel war einfach: Alle verstecken sich, einer muss suchen. Wenn die Versteckten gefunden wurden, mussten sie versuchen, sich am Freischlag z. B. einem Baum, frei zu schlagen. Wenn der Sucher sie vorher berühren konnte, waren sie seine Gefangenen.
Inzwischen weiß ich: Auch dieses Spiel spielen wir Erwachsenen auf unsere Weise. Kinderspiele spiegeln ja oft ein Stück Leben. Die Kinder verstecken sich hinter Bäumen und Büschen, hinter Häuserecken und parkenden Autos. Wir Erwachsene haben andere Verstecke. Wir haben unsere Ausreden und Ausflüchte.
Der eine sagt z.B.: „Ich bin nun eben so.“ Das ist sein Versteck. Es soll ihn davor bewahren, sich ändern zu müssen.
Der andere sagt: „Die anderen sind auch nicht besser!“ Dieses Versteck ist immer naheliegend, denn Menschen, die auch nicht besser sind, gibt es so viele wie Sand am Meer. Ein anderes Versteck kann sein: „Ich habe keine Zeit!“ Dahinter verbirgt sich oft ein ganz anderer Grund.
Vielleicht gibt es so viele Verstecke wie es Menschen gibt.
So war das anscheinend schon immer. Auch Adam und Eva haben sich versteckt, erzählt die Bibel. Sie haben sich hinter den Bäumen des Gartens versteckt. Sie hatten Angst vor Gott. Und ich frage mich, ob von dieser Geschichte die Vorstellung mancher Menschen herrührt, sie müssten sich vor Gott verstecken, Gott sei der, der sie greifen will. Ich vermute sogar, von daher bleibt manch einem der Zugang zum Glauben verbaut.
In der Bibel wird aber deutlich: Gott ist nicht der, der uns schnappen will, sondern er ist der, der uns sucht, weil will, dass wir frei werden. Diesen Unterschied zu begreifen finde ich wichtig. Sonst vergessen wir den zweiten Teil des Kinderspiels und bleiben in unseren Verstecken. Wir wissen dann aber nichts mehr vom Freischlag. Aber wir Christen glauben, dass Gott selbst uns frei gemacht hat. Jesus Christus ist für uns gestorben – das macht uns Menschen frei. Wir brauchen uns nicht mehr zu verstecken. Vor niemandem. Nicht vor Gott. Und auch nicht vor den Menschen. Die Ausreden können aufhören.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13548
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