SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Vor kurzem habe ich einen Artikel von Verkehrspsychologen gelesen, den ich spannend finde. Sie haben erforscht, wie Menschen sich im Stau verhalten und wie es überhaupt zu Staus kommt. Dabei haben sie herausgefunden, dass es nicht allein am hohen Verkehrsaufkommen liegt, dass wir alle im Stau stehen, sondern am Verhalten der Autofahrer.
Klar, die Straßen werden immer voller und damit entsteht eine Art Konkurrenzkampf um die Ressource „Straße". Das heißt, der schnellere oder der mit dem stärkeren Motor muss sehen, dass er die Nase vorn hat. Das ist nichts Neues. Bei jeder Autobahnfahrt erlebe ich das und es wirkt wie ein Sog auf mich, so dass ich mich anpasse und mitmache. Der Blick auf die Ameisenwelt zeigt aber scheinbar, dass es auch bei hohem Verkehrsaufkommen geht, dass der Verkehr am Laufen bleibt. Ameisen benutzen ja alle auch dieselben Wege. Bei ihnen ist der Verkehr aber viel dichter als bei uns Menschen. Ihre Straßen sind ja meist lückenlos gefüllt. Aber wahrscheinlich hat noch niemand auf dem Waldboden einen Ameisenstau gesehen. Die Verkehrspsychologen sagen, dass das daran liegt, dass die Ameisen sich nicht egoistisch verhalten, sondern wie über Sensoren miteinander verbunden sind und miteinander mitfühlen. Wenn es vorne irgendwo klemmt, wird die Nachricht nach hinten übermittelt; Wenn jemand einfädeln will, lässt man ihn so rein, dass es nirgends stockt.
Die Verkehrspsychologen wollen dieses Wissen an Ingenieure weitergeben, damit diese Autos entwickeln, die diese Fähigkeiten haben. Ich finde das einerseits klasse. Dass wir Menschen von Tieren, von der Natur lernen können, ist für mich ein Hinweis, dass diese Welt einen Sinn hat, dass es wirklich einen Schöpfergott gibt.
Aber ich frage mich, ob es nicht möglich ist, dass nicht die Maschinen ans Mitfühlen gewöhnt werden, sondern der Mensch; also, dass ich Vorausdenken, Vorsicht und Rücksicht auf andere in mein Verhalten übernehme. Und das nicht nur auf der Straße.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13539
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