SWR2 Wort zum Tag

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Es gibt gute Gründe, an Gott zu glauben. Und es gibt Gründe, Gott in Frage zu stellen.
Der Freiburger Theologe Bernhard Welte beschäftigt sich damit in seinem Buch Religionsphilosophie. Zuallererst drückt er seinen Respekt aus gegenüber denen, die Gott ablehnen oder ausschließen. Er räumt unumwunden ein, dass die Gründe für den Glauben gewichtig sind, aber keineswegs zwingend.
Wohl das stärkste Argument einer atheistischen Weltanschauung ist das Leiden: "Kann es einen Gott geben, wenn die von ihm angeblich geschaffene Welt so sehr durchdrungen ist von Leid und Unrecht?" (ebda 163) Und ist er nicht bloß erdacht und benutzt als Opium, als Betäubungsmittel? Mit seiner Hilfe spüren wir das Leid nicht so und bekämpfen es auch nicht.
Welte antwortet: "Das Leiden schafft Gott nicht hinweg." (ebda 163) Er will sagen: Leid und Unrecht widerlegen nicht alle Gedanken, die den Glauben an Gott begründen können. Dass wir einen Ursprung haben und ein Ziel. Dass wir ja eine Antwort brauchen auf die Frage: "Warum ist überhaupt etwas und nicht nichts?"
All diese Überlegungen brechen nicht zusammen mit dem Verweis auf das Leid in der Welt. Was zusammenbricht - und zwar unter großen Schmerzen - ist ein ganz bestimmtes Gottesbild. Welte sagt: "Leidend kämpft nicht selten der Mensch gegen Gott, der die Welt nicht besser regiert. Also kämpft er gegen den Gott, dessen Güte und Gerechtigkeit er zu verstehen meint. ...Es ist ... schwer, dieses Gottesbild zu vermeiden, und besonders
schwer für den, der leidet. Deshalb geziemt es sich, Respekt zu haben vor einer solchen leidenden und kämpfenden Auseinandersetzung mit dem Gottesbild. Aber dieser Respekt ändert nichts an der Tatsache, dass dieses Gottesbild ja nur ein menschliches Bild ist, ein Bild menschlicher Gerechtigkeit vor allem. Aber Gott, der wirkliche Gott, ist größer und geheimnisvoller." (ebda 163f)
Trotzdem ist und bleibt das Leiden eine riesige Last für den Glauben. Nicht umsonst finden sich in der Bibel die Klagen des Hiob, des Jeremia, des sterbenden Jesus.
"Der Kampf gegen das Leiden ist natürlich ... " sagt Welte. "Aber es ist sinnvollerweise kein Kampf gegen Gott, es ist eher ein Kampf mit Gott um die Gewinnung des Menschlichen am Menschen." (ebda 164)

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