SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Donnerstags beginne ich später mit der Arbeit. Ich lasse mir für alles am Morgen mehr Zeit. Mein Kindergartenkind unterbricht meine Muße: „Mama, beeil dich. Wir müssen los. Die Waldwoche!" „Wir sind noch ganz früh dran", beruhige ich sie, „die Waldkinder gehen erst später los." „Nein, Mama. Wir gehen heute früher los. Bestimmt sind sie schon weg, wenn wir kommen. Mach schnell." Sie zieht mich energisch am Ärmel. Die Vorstellung, dass die Waldgruppe ohne sie auf den Berg zieht, macht sie ganz nervös. „Mach dir keine Sorgen, wir haben noch massig Zeit", sage ich und ziehe mir dann doch schon die Schuhe an, „stand doch alles auf dem Zettel." „Nein, das weißt du nicht so gut, Mama. Wir müssen uns beeilen!" Seufzend stelle ich ihr die Schuhe hin und versuch es ein letztes Mal: „Wirklich, wir werden früh genug da sein." Endlich wird sie ein wenig ruhiger. Und überlegt laut: „Also, wir machen's so: ich habe Recht. Aber du hast auch ein bisschen Recht." „Das geht nicht", sage ich, „wenn du Recht hast, kann ich nicht Recht haben. Und wenn ich Recht habe, kann deins nicht stimmen. Das schließt sich gegenseitig aus." „Dann machen wir eben Zweierglaube", triumphiert sie und rennt die Treppe runter. „Wir glauben einfach beides."
Zweierglaube - warum auch nicht?! Im Leben und Glauben gibt es meistens mehr als nur eine richtige Ansicht. Standpunkte sind Standpunkte, mehr nicht. Man kann sie ruhig mal wechseln ohne gleich die Balance zu verlieren. 

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