SWR3 Gedanken

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Vor ein paar Tagen habe ich ein neues Wort kennen gelernt: Verohnmächtigungskonstellation. Ein Kollege hat auf einer Tagung  den Begriff in die Runde geworfen. Und wir haben alle sofort verstanden, was er damit meint. Wenn eine Situation so bedrohlich ist und so übermächtig, dass sich alle überfragt, überfordert, ohnmächtig fühlen. Szenarien wie die globale Finanzkrise, die Klimakatastrophe, die Religionskriege usw sind klassische Verohnmächtigungskonstellationen. Allerdings kann es auch im privaten Bereich dazu kommen. Manchmal ist einfach alles zu viel: Eine Krise in der Partnerschaft, gesundheitliche Probleme, Stress am oder gar um den Arbeitsplatz, pubertierende Kinder - schon ist sie da, die ganz persönliche Verohnmächtigungskonstellation! Alleine komm ich da nicht raus. Es braucht schon den Moment, in dem ich bereit bin meine Ohnmacht, meine Ratlosigkeit, meine Verzweiflung jemandem mitzuteilen. Wenn ich das schaffe, bin ich schon nicht mehr ganz so ohnmächtig. In der Bibel begegne ich auch Menschen in Verohnmächtigungskonstellationen. In ihrer Not und Ohnmacht vertrauen sie sich dann Gott an. Sie beten, sie bitten, sie klagen, sie schreien ihre Verzweiflung mitunter heraus. Nicht immer ändert sich dadurch ihre Situation. Aber: sie erleben, dass sie nicht alleine sind in ihrer Not. Und: indem sie ihre Hilflosigkeit vor Gott aussprechen, treten sie  schon einen ersten Schritt heraus. Im zweiten finden sich weitere Vertraute. Und in einer vertrauten Runde kann aus geteilter Ohnmacht irgendwann gemeinsame Verantwortung werden. Und wenn ich nicht an Gott glaube? Kann ich mich trotzdem anderen mitteilen. Und erfahren, dass ich nicht alles alleine stemmen muss, sondern andere mittragen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13483
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