Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Gott passt auf alle Menschen auf. Nur nicht auf die Bösen.“ Dieser Satz stand in Kinderschrift auf einem Zettel, der in einer Kirche an der Pin-Wand hing. Die Gemeinde hatte gefragt „Wer ist Gott für Dich?“, und viele Kirchenbesucher hatten ihre Antwort angeheftet. Und die Antwort eines Kindes lautete: Gott passt auf alle Menschen auf. Nur nicht auf die Bösen.
Dieses Kind hat offenbar ein klares Gerechtigkeitsempfinden. Es leuchtet ein, dass Gott auf die Guten aufpasst und auf die Bösen nicht. Alles andere erscheint auf den ersten Blick auch un-gerecht. Irgendwie muss es sich ja auch lohnen, gut zu sein.
Diese überzeugende Logik scheint auch die Bibel zu bestätigen. Das fängt bei der Arche Noah an, in der Gott Noah und seine Familie rettet, während alle anderen untergehen. Es geht wei-ter mit dem Auszug aus Ägypten: Die guten Israeliten werden gerettet, die bösen Ägypter er-trinken im Schilfmeer. Und auch der Prophet Daniel ist einer von den Guten, deshalb wird er von Gott aus der Löwengrube gerettet, seine Gegner aber müssen sterben. Gott passt auf die Guten auf.
Andererseits enthält die Bibel viele Stellen, die nicht in dieses Schema passen. Da heißt es: Gott lässt seine Sonne scheinen über Gerechte und Ungerechte. Gott erweist sich im Evangeli-um als der gute Hirte, der sich gerade um die Schafe sorgt, die auf Abwege geraten sind oder sich verirrt haben.
Offenbar ist der gute Gott nicht nur ein Gott für die Guten, sondern ein Gott für alle. Auch für die Bösen. Nicht weil er auf deren Seite steht, sondern weil er der gute Gott ist, der sich auch um die Bösen sorgt.
Was ist dann mit dem Satz des Kindes „Gott passt auf alle Menschen auf. Nur nicht auf die Bösen.“? Das Kind empfindet völlig richtig: Gott passt auf alle Menschen auf. Das ist die ent-scheidende Aussage. Die folgende Einschränkung „Nur auf die Bösen nicht“ sagt, was gerecht wäre, nämlich dass böse Menschen nicht unter Gottes Schutz stehen. Aber Gott ist mehr als gerecht, er ist barmherzig. Er gibt keinen Menschen auf, so wie im Evangelium der gute Hirte auch dem verlorenen Schaf noch nachsteigt. Das ist für uns genauso schwer zu verstehen wie für ein Kind. Aber es weckt ein großes Vertrauen: Gott passt auf alle Menschen auf. https://www.kirche-im-swr.de/?m=1345
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