SWR4 Abendgedanken

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Kinder stehen eigentlich immer im Weg -wirklich! Zumindest hat unser Sohn dafür ein ausgesprochenes Talent. Vor allem, wenn man es eilig hat. Da rennt er einem so ungeschickt zwischen den Beinen herum, dass man manchmal wirklich aufpassen muss. Das liegt daran, dass er dann meistens nicht so recht weiß, was wir als Erwachsene eigentlich gerade vorhaben. Er weiß dann auch nicht, wie er sich richtig verhalten könnte. Also steht er da, schaut zu und versucht herauszufinden, was los ist. Und dabei steht er meistens im Weg.
Ob wir Gott eigentlich auch manchmal so im Weg stehen? Das habe ich mir neulich überlegt. Schließlich heißt es in der Bibel ja, dass wir Gottes Kinder sind.
Einer, der Gott ganz sicher im Weg stand, war Jona.[1] Gott hat ihm einen Auftrag gegeben. Er sollte in die Stadt Ninive reisen und dort sozusagen zum Sprachrohr Gottes werden. Sicher kein ganz leichter Job. Deshalb ist es Jona so wie unserem Sohn gegangen. Er hat nicht so recht gewusst, wie er sich richtig verhalten sollte. Er hat kurz überlegt und ist dann einfach weggelaufen. Und genau mit diesem Weglaufen, stand er Gott im Weg. Er hat sich schlicht geweigert, diesen Auftrag anzunehmen. Warum auch immer. Er hat es sich vielleicht nicht zugetraut. Oder er hat vielleicht auch einfach Angst davor gehabt. Gott jedenfalls hat nicht locker gelassen. Er wollte, dass Jona diesen Auftrag übernimmt. Und letzten Endes hat er ihn dann auch übernommen.
Wenn ich mich so in der Welt umschaue, frage ich mich, ob wir Gott nicht auch heute noch im Weg stehen. Nicht nur, wenn jemand wie Jona wegrennt. Wenn wir nur nach uns selber sehen und nicht fragen, was denn eigentlich das Richtige wäre. Manchmal stehen wir ihm vielleicht auch unabsichtlich im Weg, weil wir nicht so ganz verstehen, was er eigentlich mit uns vorhat. Oder wenn wir glauben alles ohne ihn schaffen zu können und dann genau das Falsche machen.
Manchmal stehe ich Gott wahrscheinlich auch im Weg. Aber immerhin: An meinem Sohn und an der Geschichte von Jona sehe ich:  Wenn ich Gott im Weg stehe, dann bin ich auch ganz dicht an ihm dran. Und er kann mir zeigen, wie es weiter gehen soll. So wie ich meinem Sohn.


[1] Jona 1.2

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13338
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