Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Also da käme ich schon ins Grübeln: wenn ich 25 oder 30 Euro für einen Kasten Bier bezahlen sollte. Das ist schon ein stolzer Preis, auch wenn es sich um eine absolute Kultmarke handelt. Ganz uninteressant wird es für den Bierliebhaber an Rhein und Mosel oder in der Pfalz, wenn man zum Kauf sogar extra nach Belgien fahren muss. Die Rede ist vom Bier der Trappistenabtei Westvlederen. Die  liegt in Flandern, nicht sehr weit vom französischen Dünkirchen weg im Landesinneren. Die Mönche der Sankt Sixtus Abtei brauen ein Bier, das auf internationalen Bier-Rating-Seiten regelmäßig auf die allerersten Plätze gewählt wird. Der Nachteil für den Liebhaber: man kann es nur an der Klosterpforte kaufen und die Abgabe ist streng begrenzt. Die Trappisten, die hier leben,  sind ein so genannter kontemplativer Orden. Das heißt: hier wird viel gebetet, viel geschwiegen und viel gearbeitet. Denn die Trappisten leben nach der Grundregel des Hl. Benedikt: „Bete und arbeite - ora et labora". Auf der Internetseite der Abtei Westvlederen steht ein Satz, der mir gut gefällt: „Wir leben nicht um zu brauen, wir brauen, um zu leben." Damit rücken sie unmissverständlich die Prioritäten klar, um die es in ihrem Kloster geht. Es geht um die Spannung, den Wechsel von Beten und Arbeiten, von Ruhe und Bewegung, von Leistung bringen aber dann auch wieder loslassen zu können und alles Gott zu übergeben: den Stress und die Arbeit, die Ruhe und das Gebet. Dieser ständige Wechsel, dieses Gleichgewicht, das macht das Leben der Mönche reich, nicht der Erlös aus dem Bierverkauf. Ich lebe nicht in einem Kloster sondern im ganz normalen Wahnsinn mit Beruf, Familie und all den tausend kleinen Dingen, die jeden Tag noch gemacht werden müssen. Da gerät das Gleichgewicht von Arbeit und Muße ganz schnell mal durcheinander. Doch gerade jetzt an den langen Abenden im Sommer kann ich manchmal die Zeit am Grillfeuer im Garten genießen. Dazu gehört für mich  - Sie ahnen es schon - meistens auch ein Fläschchen Bier. Dann so ins Feuer schauen - ja das ist wie meditieren, und manchmal auch beten: dann danke ich dem Lieben Gott für diesen schönen und wichtigen Augenblick der Entspannung und dafür, dass er dem Menschen die Kunst des Brauens verliehen hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13320
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