SWR2 Wort zum Tag

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Fußball fasziniert. Auch Theologen. Wieso? Fußball, ist Kult, da wollen und können Theologen natürlich mitreden. Oft genug werden Fußball und Glaube verglichen. Von beiden kann man die Zuversicht lernen, heißt es. Beide leben von der Hoffnung, vom Glauben, dass noch etwas kommt. Gott oder eben ein Tor. Und ganz praktisch lassen sich Fußball und Religion vergleichen. Hier wie dort gibt es ganz unscheinbare Gegenstände, eine Hostie, einen Ball, die zum Symbol für die ganze Welt werden. Hier wie dort gibt es Stars und Heilige, hier wie dort Gläubige, die zum Gottesdienst oder zum Spiel pilgern und sich ausrüsten: Die einen mit Fanschals, die anderen mit Gesangbüchern. Manche Theologen deuten Fußball auch als spirituelle Erfahrung. Gemeinsam mit anderen Sieg und Niederlage feiern, oder einen Gottesdienst, das unterscheidet sich äußerlich nur wenig. Und außerdem importiert die Fußball-Sprache viele religiöse Begriffe: „Turek, der Fußballgott" oder das „Wunder von Bern". Schließlich dient der Fußball auch als Denkanstoß. Kirchen können vom Fußball lernen: Wie Feste inszeniert werden, wie Lebensstil und der Glaube an die eigene Mannschaft, den Verein, die Nationalmannschaft Hand in Hand gehen. Und nicht zuletzt, wie sehr der Fußballgott den christlichen Gott ersetzt. Was mich daran irritiert: Nur selten wird darüber nachgedacht, was diese Auseinandersetzung für den christlichen Glauben bringt. Nur selten werden Konsequenzen gezogen. Fußball ist populär, populärer als der Glaube. Vielleicht, weil es dem Glauben nur unzureichend gelingt, seine Botschaft vom „Spiel des Lebens" zu sagen und zu feiern - diese eigentlich faszinierende Botschaft von der Hoffnung und der Zuversicht, vom schmalen Grat zwischen Gelingen und Versagen, von der Nähe zwischen Ekstase und Trauer? Welcher Christ glaubt denn schon so heiß und innig an Gott, wie mancher Fan an seine Mannschaft? Wenn ich über Fußball und Glaube nachdenke, lande ich schließlich bei mir selber, bei meiner Haltung. Wie lebe ich meinen Glauben? Wie bringe ich meinen Glauben zur Sprache? Wie lebensbestimmend und -orientierend ist mein Glaube? Ist das vergleichbar mit der Art und Weise, wie ich über Fußball rede, mitfiebere? Oder gar meine Termine nach dem Fußball richte? Fußball und Glaube. Ein Verhältnis, das mir zu denken gibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13275
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