SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Das Zeitliche  segnen"  -  das ist im Volksmund eine Umschreibung für den Tod, diese unheimliche Großmacht. Damit klar zu kommen, ist in der Tat eine Herausforderung! Aber noch sind wir Gottseidank am Leben, und so liest sich die Redewendung ganz anders: das Zeitliche segnen hieße dann, jeden Tag   dankbar willkommen heißen. Noch ist Zeit, z.B. heute.  Benedicere heißt das im Lateinischen:  auf deutsch gutheißen, bejahen und begrüssen. Das ist das genaue Gegenteil von negativem Denken und Schwarzsehen.  „Das Zeitliche segnen"  hieße dann: jeden Augenblick als Chance und Geschenk begrüßen. Es ist eine durch und durch zuversichtliche Perspektive, mit kräftigem Ja zum Leben, so tödlich es auch ist. Sich derart segnen lassen und andere segnen, hat mit Religion zu tun. Christlich geschieht jeder Segen im Namen Gottes. Dieser selbst und der Glaube an ihn, ist ein Segen. Dass er uns Zeit lässt und Zeit schenkt, ist ein Glück. Dass er uns Raum gibt und in die Weite führt, ist ein Geschenk. Das christliche Segnen im Zeichen des Kreuzes stellt Raum und Zeit unter das Vorzeichen von Gottes Güte, in jedem Augenblick und an jedem Ort, auch jetzt. „Das Zeitliche segnen" ist  - bei Licht gesehen - eine erstaunliche Sache. Der Mensch kann das Dasein in der Welt auch verwünschen und verfluchen. Für viele ist es nur grau in grau, halbe - halbe sozusagen, und entsprechend fehlen Leidenschaft und Lebenskraft. Segnen  dagegen ist eine kraftvolle Haltung.  Uralt ist deshalb der Brauch, beim Segnen die Arme auszustrecken und die Hände zu heben  - als sollte die ganze Fülle umfasst und herbeigeschafft werden. Auch der erhobene Finger der segnenden Hand ist besondere Körpersprache: die Segenskraft, die übertragen wird, betrifft alle Sinne, den ganzen Menschen in seiner Welt. Oft wird vor der Segensspendung gebetet: die Hände falten ist eine hoch energetische Sache. In den Handflächen sammelt sich pulsierende Lebensenergie  - so wie auch am Scheitel und in der Herz- und Bauchgegend. In den gefalteten Händen ist sozusagen geballte Lebenskraft - und der Segen ist eine Handlung wortwörtlich, mit Händen und dem ganzen Körper.  „An Gottes Segen ist alles gelegen."  In der Perspektive des Evangeliums jedenfalls ist klar:  für die ganze Schöpfung gilt  der Segen Gottes; sie ist Gottes gute Schöpfung. Alles Zeitliche steht unter dem Schutz des Ewigen.  Wer sich derart segnen  lässt, wird zum Segen für andere.

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