SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Kaum etwas ist elementarer als der Sonnenaufgang.  Neu beginnt damit das Leben, jeden Morgen, auch heute Seit es Menschen gibt, sind sie davon fasziniert. Mit dem Durchbruch des Morgenlichts ist der Horizont entstanden, wir können uns orientieren, wir sind nicht mehr verloren.  Käme die Sonne nicht mehr hoch und heraus , es wäre aus mit uns und allem.  Alle Religionen sind deshalb Sonnenreligionen,  gerade angesichts von Sterben und Tod  sind Wärme und Licht die Symbole des Lebens. „Morgenglanz der Ewigkeit, Licht vom unerschaffnen Lichte" - so beginnt ein christlicher Sonnengesang.

„Der Herr  segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende dir sein Angesicht zu  und schenke dir Heil." In diesem uralten, sog. aaronitischen  Segensgebet der Bibel  ist es die Sonne, die zum Symbol göttlicher Zuwendung wird. Von oben kommt der Segen, von einem strahlenden Angesicht  Wie in den Märchen sind es hier drei Segenswünsche, die sich die Menschen zusagen sollen: die Fülle gelingenden Lebens zuerst,  ganz handfest Gesundheit und Nahrung, Nachkommenschaft und Einkommen. Im zweiten Wunsch  ist von der Sonne die Rede, von ihrem strahlenden Angesicht. Sie ist zusammen mit dem Mond  Inbild der  ganzen Schöpfungsordnung. Und die möge  weiterhin im Lot sein, in Balance, verlässlich wie eh und je. Das gibt Lebenssicherheit und macht Lust zum Dasein.  Im dritten Segenswunsch kommt uns  Gottes Güte nicht vom Himmel entgegen, sondern vom Angesicht des Nächsten: strahlt der uns an, tut das nur gut. Kommt sein Wohlwollen rüber, steigt die Stimmung. Ein dreifacher Segen  im Symbol strahlender Sonne und gütiger Zuwendung - und eigentlich geht's immer nur um das Eine: dass wir die Welt und das Leben nicht selbstverständlich nehmen. Das lateinische Wort für Segnen heißt bene-dicere: wörtlich übersetzt: gutheißen, bejahen, begrüßen, willkommen heißen.  Sich von Gott gut heißen lassen, das ist der  letzte Sinn des Segnens. Und glauben heißt, auf der Sonnenbank Gottes sitzen dürfen und sich erwärmen lassen, zum eigenen Leben und Glauben kommen. Selbst gesegnet, können wir für andere ein Segen sein. Wie wichtig ist es bekanntlich, den Mitmenschen zu loben. Wie kostbar die Erfahrung  willkommen zu sein und begrüßt zu werden. Nichts auf Erden ist schöner, als erwünscht zu sein. Wie gut, dass du da bist - so geht die Sonne auf, so wird Gottes Liebe glaubhaft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13272
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