SWR2 Wort zum Tag

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Was Gott eigentlich für ihn ist, fragt sich Hape Kerkeling in seinem Buch „Ich bin dann mal weg". Viele seiner Freunde haben sich von der Kirche abgewendet, weil sie unglaubwürdig ist, erzählt er. Und mit der Kirche haben sie dann auch gleich Gott aus ihrem Leben verbannt. Kerkeling dagegen glaubt, dass es Gott gibt. Und er vergleicht ihn mit einem hervorragenden Film. Die Kirche ist für ihn das Dorfkino, in dem dieser große Film gezeigt wird. Da hängt die Leinwand schief, sie hat Löcher, die Lautsprecher knistern. Man wird gestört durch Leute, die sich unterhalten, und manchmal bekommt man ganze Handlungsstränge des Films nicht mit. Und wenn man dann aus dem Kino kommt, denkt man: „Was für ein schlechter Film!"
Dabei war nicht der Film schlecht, sondern die Vorführung. Und die ist deshalb schlecht, weil Leinwand und Lautsprecher nur das wiedergeben, was sie können. So gibt auch die Kirche nur wieder, wozu sie in der Lage ist. Das ist menschlich, und Kirche ist durch die beteiligten Menschen eben begrenzt.
Gott ist wie ein guter Film. Doch seine wahre Qualität werden wir nie ganz erfassen, weil die Vorführung von Menschen und ihren Schwächen beeinträchtigt wird. Umgekehrt würde ich diesen Film ohne die Menschen möglicherweise überhaupt nicht sehen können. Ich kann Gott nur über andere Menschen erfahren. Und diese Menschen sind eben nicht nur Bischöfe und Pfarrer. „Die Kirche" als mein Gegenüber gibt es für mich nicht. Jeder Christ gehört schließlich dazu und ist damit Kirche.
Natürlich bin ich immer wieder Zuschauer im Film, derjenige, der Gott erfahren möchte. Ich rege mich auf, dass Gottes Größe und Liebe nicht immer deutlich wird, dass da menschliches Kleinklein im Weg steht.
Gleichzeitig bin ich Teil des Kinos, weil ich an der Vorführung des Films beteiligt bin, nicht nur weil ich in der Kirche arbeite, auch weil ich sowieso dazu gehöre. Und ich bin - wie jeder Christ, vielleicht sogar jeder Mensch - aufgefordert, möglichst viel von Gott in dieser Welt sichtbar oder spürbar werden zu lassen.
Wie alle anderen Menschen, bin ich auch daran beteiligt, dass der Film nicht so gut zur Geltung kommt. Andere können nicht erkennen, dass Gott in meinem Leben wichtig ist, dass er wirklich eine Hilfe sein kann. Es wird nicht immer deutlich, dass es tatsächlich entlastend ist, mit Gott zu leben.
Wenn ich auf meine eigenen Erfahrungen, auf mein Leben blicke, nehme ich selbst oft nicht wahr, dass Gott mit im Spiel ist. Wenn alles anders kommt, als ich es mir in meinen Träumen ausgemalt habe, wenn ich den Sinn nicht erkennen kann, dann zweifle ich eben auch an Gott oder vergesse ihn.
Gott als ein großartiger Film, dieses Bild von Hape Kerkeling motiviert mich, noch mehr auf Gott zu achten und etwas nachsichtiger zu sein mit den Menschlichkeiten, die dazwischen kommen, bei anderen wie bei mir. Vielleicht gelingt es mir ja ab und zu, etwas mehr von dem großartigen Film zu sehen, der uns da gezeigt wird.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13214
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