SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Du wirst doch wohl nicht neidisch sein!" sagte die Frau zu ihrem Mann. Er hatte ihr von dem Spanienurlaub seines Arbeitskollegen vorgeschwärmt: Meer, Sand, Sonne. Sie selber waren in den Pfingstferien zuhause geblieben, wie jedes Jahr, weil eine Menge Geld in die Ausbildung der Kinder fließt.
Neid. Bei genauerer Überlegung kenne ich dieses Gefühl auch. Wie soll ich es beschreiben? Mehreres kommt zusammen, scheint mir: Manchmal meint man, der andere hätte es nicht verdient, dass er es so gut hat. Oder ich kann es nicht ertragen, dass ein anderer das hat, was eigentlich ich gern hätte. Und bei alldem schäme ich mich auch noch, dass ich solche Gefühle habe.
Solcher Neid macht blind, nicht nur für den anderen Menschen, sondern auch für das, was ich selber habe und kann.
Dabei sehe ich bei dem beneideten Menschen oft nur die eine Seite, nämlich die, die sich mir nach außen zeigt und um die ich ihn beneide. Aber ich weiß nichts davon, wie die andere Seite aussieht, und welche Last sich mit diesem Leben vielleicht verbindet. Wenn ich diese andere Seite sehe, dann begreife ich auch, wie wenig Grund ich habe neidisch zu sein.
Die Bibel weiß, wie gefährlich der Neid ist: „Neid ist wie Eiter in den Gebeinen." (Sprüche Salomos) lese ich da. Das ist wahr: Der Neid macht mir die Lebensfreude kaputt.
Aber wie kommt man darüber hinweg?
Mir selber hilft, dass ich für mich aufzähle, was Gott mir geschenkt hat und wofür ich dankbar sein kann: meine Frau, meine Kinder, meine Freunde, meine Gesundheit, die Begabungen, die Gott in mich hineingelegt hat. So kann mich der Neid nicht verzehren und ich kann danken lernen für das, was Gott mir geschenkt hat.
Und den Mitmenschen brauche ich dann nicht mehr durch die Brille der neidischen Empfindungen zu sehen. Ich kann ihn mit dem Herzen sehen: Sein Glück, aber auch seinen Kummer und wo er vielleicht Hilfe braucht. Vielleicht kann ich sogar helfen oder trösten. Das wäre ein gutes Gefühl, glaube ich. Und es wäre ganz im Sinne der Bibel, denn die sagt: „Der Neid ist wie Eiter in den Gebeinen, aber ein gütiges Herz ist Leben."

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