SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Also, das glaube ich erst, wenn ich es mit eigenen Augen gesehen habe!" Das fängt schon bei Kleinigkeiten an. Dem Fahrplan zum Beispiel. Krieg ich da eine Auskunft, die nicht meine Erwartungen trifft, schaue ich lieber selber nach.
Ich glaube, das verstärkt sich noch im Laufe des Lebens.
Als ich klein war zum Beispiel, ist es mir nicht schwer gefallen, auch an Dinge zu glauben, die ich gar nicht gesehen habe. Ich habe einfach darauf vertraut, was mir erzählt worden ist. So konnten meine Eltern mir von Gott im Himmel erzählen, der für mich da ist, obwohl ich ihn nicht sehe.  Ich habe ihnen selbstverständlich geglaubt.
Mit den Jahren ist das dann nicht mehr ganz so einfach. Da wächst das Bedürfnis, die Sachen, die einem erzählt werden auch zu überprüfen. Dann fällt man nicht mehr auf jeden Aprilscherz herein wie ein Kind. Und auch die Sache mit Gott wird hinterfragt.
Jetzt frage ich mich manchmal: wo ist Gott - bei allem, was in der Welt und auch bei mir im Leben los ist? Und ich wäre froh, wenn ich Gott mal mit eigenen Augen sehen könnte.
So ging es den Menschen auch schon zu biblischen Zeiten. Sogar den großen Gottesmännern. Moses zum Beispiel. Der hatte nun wirklich einen guten Draht zu Gott, war fast täglich im Gespräch mit ihm. Aber manchmal kamen anscheinend auch ihm Zweifel.  Es gab Situationen, da konnte er einfach nicht spüren und nicht glauben, dass Gott wirklich für ihn da war.
Deshalb wollte er Gott selbst mit eigenen Augen sehen. Also bittet er Gott: Lass mich dich sehen! Erstaunlicherweise reagiert Gott ganz gelassen. „Na gut", meint er, „du darfst mich sehen. Aber nur von hinten!"
Selbst der berühmte Moses sieht Gott also nur von hinten. Sozusagen „im Rückblick".
Man sieht Gott eben nicht gleich, leider oft gerade dann nicht, wenn man ihn braucht. Aber hinterher merkt man: da war er! Da hat er mich behütet und seine Hand über mich gehalten.
Als Kind habe ich blind vertraut - und das ist gut gegangen, weil man es gut mit mir gemeint hat. Seit ich erwachsen bin, brauche ich nicht mehr blind zu vertrauen - aber ich kann Gott vertrauen, weil auch er es gut mit mir meint.
Und - weil ich die Erfahrung gemacht habe - Gott ist für mich da. Im Rückblick kann ich ihn entdecken - wenn ich sozusagen „von hinten" auf mein Leben schaue.
Und ich weiß, auch jetzt ist er da. Selbst wenn ich es manchmal nicht spüre.
Gott zeigt sich in meinem Leben auf ganz andere und unerwartete Weise und ist schließlich doch zu sehen.
Vielleicht entdecken Sie ihn auch.

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