SWR3 Gedanken

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„Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein, alles andere ist vom Übel." An diesen Satz aus der Bibel musste ich kürzlich denken. Bei einer so ungewohnten wie heilsamen Erfahrung. Innerhalb von zwei Wochen war ich auf beiden Seiten des Tisches. Bei Bewerbungsgesprächen. Einmal als Bewerber, das andere Mal als Auswählender. Als ich Auswählender war, da habe ich erlebt, wie einer der Bewerber alles konnte, auf alles eine Antwort hatte und immer genau das sagte, was wir hören wollten. Hätten wir verlangt, er solle einen Kopfstand auf dem Tisch machen und mit den Ohren wackeln, das hätte er wohl auch gemacht. Aber ganz so weit weg war ich davon kurz danach auch nicht. Als ich in der Situation des Bewerbers war, habe ich mich auch einmal dabei ertappt, erst zu überlegen, was die Auswahlkommission wohl von mir hören wollten, anstatt bei mir selbst zu bleiben und nicht zu kalkulieren oder zu spekulieren. „Euer Ja sei ein Ja, Euer Nein ein Nein", nicht nur in Bewerbungsgesprächen ist es gut klar zu sein. Bei sich selbst zu bleiben. Auch im sonstigen Leben ist es gut und tut es gut, wenn Menschen geradlinig sind, nicht über Ecken denken oder berechnend sind mit ihren Worten. Nicht nur in Bewerbungsgesprächen ist es gut, sich geistig immer mal wieder auf die andere Seite des Tisches zu setzen. Und sich vorzustellen wie es ist befragt zu werden oder zu befragen. Ablehnen zu müssen oder abgelehnt zu werden. Wenn man dann jemanden ablehnen muss, dann wird man es wohl mit noch mehr Feingefühl und Respekt vor der Person tun, die einem gegenüber saß. Wenn man sich beide Seiten des Tisches vorstellen kann, dann ist man vielleicht auch fähig, Absagen nicht zu persönlich zu nehmen. Und zu erkennen, dass nicht meine ganze Person abgelehnt wird, sondern nur eine Position in die ich nicht gepasst habe...

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