SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

40 % der Zeit, die wir miteinander reden, reden wir über Personen, die nicht anwesend sind. Das hat eine Studie gezeigt. Ist ja auch kein Problem. Ein Problem ist es aber, wenn über die Nichtanwesenden schlecht geredet wird, gelästert wird. Lästern ist ein so universelles wie zeitloses Phänomen. Es gehört wohl zum Menschsein. Männer wie Frauen tun es, Alt und Jung lästert. Lästern gilt als eine Art Psychohygiene. Weil ohne direkte Konfrontation Aggressionen abgebaut werden können. Lästern soll verbinden, heißt es, und verbünden, indem sich die Lästernden gemeinsam abgrenzen. Womit wir aber auch schon bei der dunklen Seite des Lästerns sind. Die Lästernden üben Macht aus über den Gelästerten und der Gelästerte ist ohnmächtig. Er oder sie hat keine Chance sich gegen das Gesagte zu wehren. Der Mann aus Nazareth konnte sich furchtbar aufregen, weil er den Geist, das Negative, das im Lästern steckt, nicht ausstehen konnte. Er hat einmal gesagt, dass die Menschen über jedes einzelne Wort, das sie reden, Rechenschaft ablegen müssen am Tage des Gerichts (Mt 12,22/Mt 15,16) Au au au, da kann man schon ins Grübeln kommen! Aber auch das war sicher nicht als Drohbotschaft Jesu zu verstehen, sondern es kam aus seinem Aber gegen das verletzende Gelaber der Menschen. Und weil er wollte, dass sie in einem guten Geist miteinander umgehen. Das ist mir auch immer wichtiger geworden, auch und gerade beim Reden. Und deshalb arbeite ich seit geraumer Zeit an einer ganz speziellen Übung. Immer wenn ich über einen Menschen rede, der nicht anwesend ist, versuche ich so über ihn zu reden, wie wenn er da wäre. Und es ist schon sehr interessant, wie sich meine Sprache dabei verändert...

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13174
weiterlesen...