Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Ich hab kein Geld mehr! Verdammt noch mal, wie soll ich das denn bezahlen? Ich kann doch nichts dafür, dass ich den Unfall hatte!" So schallt es heraus aus dem halb geöffneten Fenster der Nachbarn gegenüber.
Arbeitslosigkeit, Hartz 4, das alles ist weit weg, wenn das nur in den Nachrichten vorkommt. Jetzt stehe ich auf meinem Balkon und kann es auf einmal fühlen, was das mit Menschen macht. Diese Angst, dieser Druck, das Gefühl, nicht mehr weiter zu wissen. Die Angst, dass vielleicht alles den Bach runter geht.
Und ich stehe da, höre zu und denke: was soll ich tun? Ich kenne ja nicht mal die Leute, die in diesem Mehrfamilienhaus gegenüber wohnen. Soll ich, könnte ich, will ich überhaupt helfen?
Ich erlebe diese Ohnmacht oft, wenn mir Menschen ihre Notlagen schildern. Zum Beispiel Schüler, die schlechte Noten haben und einen Berufswunsch, den sie sich mit diesen Noten gründlich verbaut haben. Oder Kranke, die Angst haben, einem Anderen überhaupt von ihrer Krankheit zu erzählen. Aus Angst, abgeschoben oder nicht mehr ernst genommen zu werden.
Wenn ich solche Geschichten höre, fühle ich mich ziemlich ohnmächtig. Ich möchte helfen, aber wie? Was tun?
Dieses Gefühl der Ohnmacht ist ziemlich alt. Bereits die Jünger Jesu kennen es. Oft wissen sie nicht weiter, trauen sich nicht, haben Angst, die Kranken an sich heran zu lassen, sie zu berühren, die Obdachlosen zu versorgen, die Armen zu sich zu rufen.
Jesus ist darüber ärgerlich und fährt seine Jünger an: „Ihr Kleingläubigen, ich kann doch nicht alles alleine machen und auch nicht ewig bei euch sein. Los wagt etwas, riskiert es, geht zu den Leuten und fragt sie, was sie in ihrer Not brauchen.
Und dann gibt er seinen Jüngern diesen warmen Rückenwind und sagt: Selig seid ihr, wenn ihr nicht wisst, wie ihr helfen sollt. Glücksbringend seid ihr, wenn ihr trotzdem zu denen geht, die in Not sind. Wenn ihr nach Gerechtigkeit hungert und dürstet. Keine Bange, ihr werdet nicht untergehen, ihr werdet satt werden. Denn euch ist das Himmelreich nah.
Liebe Jüngerinnen und Jünger heute: Traut Euch heute was: Ein gutes Wort vielleicht und ein bisschen Zeit. Das rettet die Welt. Heilsam und selig seid ihr, wenn ihr euch das heute zutraut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13163
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