SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Wie kommt es, dass so viele Menschen von ihr fasziniert sind?
Auf einer extra großen Sonderbriefmarke habe ich sie neulich entdeckt: Die Sixtinische Madonna.
Vor 500 Jahren hat der italienische Maler Raffael dieses weltberühmte Bild der Madonna mit dem Kind auf dem Arm gemalt. Deshalb auch die schöne Briefmarke.
Raffael hat viele weitere Madonnenbilder geschaffen und auch unzählige andere Künstler haben die Gottesmutter mit dem Kind gemalt. Aber die Sixtinische Madonna muss was ganz Besonderes haben. Hunderttausende wollen das Original jedes Jahr sehen. Es hängt in Dresden.
Bestimmt kennen Sie das Bild auch, denn es ist ziemlich vermarktet worden, besonders die zwei drolligen Engel am unteren Bildrand.
Ich kenne das Bild schon seit meinen Kindertagen. Ein kleiner Kunstdruck des Gemäldes hing goldfarben eingerahmt über dem Bett meiner Großmutter. Und ich habe schon als Kind gespürt, dass ihr das Bild sehr wichtig war. Ich habe sie manchmal beobachtet, wie sie ganz still davor gesessen hat und fast unmerklich die Lippen dabei bewegt hat.
Das fand ich damals ziemlich merkwürdig. Aber wenn ich heute daran zurückdenke, weiß ich, dass sie vor diesem Bild zur Mutter Gottes gebetet hat.
Ich glaube, sie hat ihr ihre Sorgen und Nöte anvertraut. In einer Art vertrauensvoller Zwiesprache. Das hat ihr gut getan, denke ich.
Als ich Jahre später vor dem Original der Sixtinischen Madonna gestanden habe, war ich sehr beeindruckt von dem Kunstwerk. Und ich kann mir vorstellen, warum das Bild auch viele Menschen beeindruckt, die vielleicht nicht so viel von Kunst verstehen: Es berührt. Es hat auch mich berührt.
Die Gestalt dieser jungen Frau, ihr sorgenvoller Blick - als Mutter habe ich ihre Sorge um das Kind so gut nachvollziehen können.
Die junge Frau hat offensichtlich schwer an ihrem Kind zu tragen. Es lehnt sich ängstlich an ihre Schulter. Und doch scheint sich Maria leicht, fast schwebend zu bewegen, als würde sie von unsichtbarer Hand getragen.
Vielleicht ist das ein Zeichen dafür, dass alles gut werden kann? Trotz aller Last und Sorgen. Und darum bitten ja auchviele Menschen, besonders Frauen und Mütter, wenn sie zu ihr beten. Dass alles gut wird oder bleibt. Sie fühlen sich mit ihr verbunden und von ihr liebevoll begleitet. Und viele verehren sie.
Die Marienaltäre in den katholischen Kirchen sind jetzt im Mai besonders schön mit frischen Blumen geschmückt.
Als ob die Menschen damit der Gottesmutter etwas von ihrer liebevollen Ausstrahlung zurückgeben wollten...

aktuell > Briefmarke.jpg

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