SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Heute Abend beginnt in Mannheim der Katholikentag. Mindestens 50.000 Teilnehmer werden erwartet. Ich bin sicher, man wird sie sehen und erkennen, im Stadtbild von Mannheim: in der Fußgängerzone, in den Straßenbahnen und Bussen. Denn die meisten Teilnehmer machen sich kenntlich. Sie tragen das rote Schlüsselband, die Mütze oder das rote T-Shirt, manche sicher auch den roten Rucksack, auf dem steht: Katholikentag. Und das Motto: Aufbruch wagen. Genauso wie bei den evangelischen Kirchentagen, da tragen viele die Kirchentagsschals.
Merkwürdig: bei diesen Kirchen- und Katholikentagen gibt man sich gern als Christ zu erkennen. Aber sonst? Den meisten ist es eher ein bisschen peinlich, zur Kirche zu gehören. Und über den eigenen Glauben zu reden? Das ist erst recht irgendwie komisch. Es gab und gibt so viele Skandale in den letzten Jahren - wer mag da noch zugeben: ich gehöre dazu? Ich finde die Kirche vielleicht sogar wichtig? Vielleicht ist das der Grund, warum viele Christen lieber für sich behalten, was sie glauben und denken. So kommt es dann, dass man die Christen im Alltag kaum noch bemerkt. Dann gehört erst recht Mut dazu, sich irgendwie zu bekennen. Auf dem Katholikentag ist es nicht schwierig, sich als Christ zu outen, aber wenn man denkt: ich bin die einzige in meinem Umfeld - dann ist das was ganz anderes. Ich möchte deshalb heute Abend eine Lanze brechen für die, die sich das trauen. Und denen, die sich nicht trauen, möchte ich Mut machen: Wenn Sie und ich, egal ob katholisch, evangelisch oder aus einer Freikirche - wenn wir alle uns irgendwie kenntlich machen als Christen und Christinnen - dann würden wir uns ganz bestimmt auch nicht so merkwürdig allein fühlen. Wie man sich kenntlich machen kann als Christin oder Christ? Vor allem natürlich, indem man sich wie ein Christ für andere einsetzt, die einen brauchen. Dazu gehört aber auch, dass man von dem redet, was man als Christ oder Christin glaubt und hofft: Dass für Gott alle Menschen gleich sind. Dass er auch die nicht im Stich lässt, die Fehler machen oder einfach nicht mehr weiter können. Und dass noch was kommt, auch wenn das Leben zu Ende geht. So erkennt man einen Christen oder eine Christin. Wenn Sie nicht gern viele Worte machen, dann geht vielleicht zum Beispiel ein Tischgebet oder dass man sich bekreuzigt vor einer Mahlzeit. Das wäre gut. Oder dass man ein Kreuz aufhängt in der Wohnung. Manche kleben einen bunten Fisch an ihr Auto - das war früher mal das Erkennungszeichen der Christen. Wozu das gut sein soll? Weil es leichter ist, an dem festzuhalten, was man glaubt, wenn man nicht allein ist. Mir jedenfalls tut es gut, wenn ich spüre: Ich bin nicht allein mit meinem Glauben. Und den anderen wahrscheinlich auch.

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