SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Über allem die Liebe. Untermalt von Chor und Orchester klangen die letzten Worte des Oratoriums in der großen Kirche nach. Über allem die Liebe! Eine ungeheure Verheißung, die Zuhörer und Musiker da mit nach Hause nahmen. Doch draußen vor der Kirche, zurück auf dem Boden des Alltags, begannen wieder die Schwierigkeiten, denn im Detail ist es nicht immer so einfach mit der Liebe.
So wie bei der jungen Frau, die immer wieder Pausen macht, als sie davon erzählt. Sie ringt mit den Worten und findet doch keine Antwort darauf, warum es einfach nicht klappen will - mit der ganz großen Liebe. Fast ein Dutzend Männer hatte sie schon. Manche Beziehungen waren kurz, andere länger, die einen intensiver, die anderen eher flüchtig. Nur eines hatten sie alle gemeinsam: Lange gehalten hat keine von ihnen. Was bleibt, ist die Sehnsucht nach der großen Liebe. Es sei einfach komplizierter geworden mit dem Zusammenleben, sagen die Therapeuten, die Partner anspruchsvoller, fordernder. Die eigenen Erwartungen an den anderen oft irrsinnig hoch, die Frustrationstoleranz dagegen niedrig. Der Partner soll der Gegenpol sein zum stressigen Alltag, Schmetterlinge im Bauch hervorrufen und Defizite ausgleichen, die er letztlich weder ausgleichen kann noch will. Und die Liebe?
Fast wie aus einer anderen Welt klingt da, was der Apostel Paulus einmal über die Liebe geschrieben hat: Sie erträgt alles, hofft alles, hält allem stand. Auch wenn alles einmal aufhört, Glaube, Hoffnung und Liebe nicht. Und über allem steht die Liebe. Wenn das nicht nur eine hübsche aber unrealistische Verklärung bleiben soll, dann muß Liebe allerdings mehr sein als ein prickelndes Gefühl. Die Herausforderung, Ja sagen zu können zu einem Anderen, was immer auch kommt, und zwar jeden Tag aufs Neue.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=1301
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